Politik
"Größte Gefahr droht Pilz von seinen Mitstreitern"
"Heute" fragte Polit-Experten, wie sie die Chancen der Liste Pilz beurteilen. Sie sehen im Antreten eine klare "Kampfansage an die Grünen".
Eines vorweg: Die Liste Pilz hat Chancen auf den Einzug ins Parlament. Darin sind sich Polit-Experte Thomas Hofer und Meinungsforscher Peter Hajek einig. "Mit Stand heute hat Peter Pilz eine gute Ausgangsposition, die Chancen stehen gut für ihn", so Hajek. "G'mahte Wiesn ist das aber noch nicht", schränkt Hofer ein.
Die Kandidatur sieht Hajek als "klare Kampfansage an die frühere Partei – auch thematisch". So seien etwa Konsumenten- und Tierschutz oder das Thema Frauen klassische Grün-Themen. Pilz verbinde diese durch die Auswahl der Kandidaten gleich mit Persönlichkeiten und Gesichtern: "Mit zweifacher Signalwirkung. Erstens: Es gibt nicht nur mich, wir sind tatsächlich eine Bewegung. Und zweitens: Wir haben thematische Profis, können damit inhaltliche Breite anbieten."
Durch die laufende Präsentation weiterer Kandidaten werde er immer mediale Aufmerksamkeit auf seiner Gruppe haben: "Da merkt man den taktisch-strategischen Polit- und Kommunikationsprofi", so Hajek.
"Deutlich linke Positionen"
Fix sei, dass Pilz' Antreten den Grünen schaden werde – die Frage sei nur, in welchem Ausmaß. "Pilz wird bei den Grünen, aber auch der SPÖ knabbern", analysiert Hofer. "Auch wenn er sich nicht Linkspartei nennt – die Liste vertritt deutlich linke Positionen." Das sei aus taktischer Sicht richtig: "Strache und Kurz rechts zu überholen, schafft auch ein Peter Pilz nicht." Von Rot und Grün werde im Wahlkampf sicher der Vorwurf kommen, dass Pilz mit seinem Antreten indirekt Schwarz-Blau befördere.
Pilz werde aber auch versuchen, an Nichtwähler zu kommen. Hilfreich dabei: "persönliche Strahlkraft", so Hofer. Und durch seinen Ruf als Aufdecker und Kämpfer gegen Korruption könnte er auch Protestwähler ansprechen. Mit Maria Stern eine Sprecherin des Frauenvolksbegehrens an Bord zu holen, sei zudem eine "Teflonisierung gegen den Vorwurf, ein Macho zu sein, dem Frauenpolitik nicht wichtig ist".
"Der eine oder andere Glücksritter"
In einem Wahlkampf würden aber immer auch Fehler passieren, warnt Peter Hajek. "Die größte Gefahr droht Pilz von seinen Mitstreitern. Es besteht die Möglichkeit, dass der eine oder andere Glücksritter dabei ist oder sich am Polit-Parkett doch nicht wohl fühlt." Die nächste Frage sei: Bleibt die Gruppe geschlossen oder kommt es zu Streitereien? "Das zeigt sich immer erst im Wahlkampf an sich, wenn der voll in Fahrt kommt."
In der Endphase des Wahlkampfs werde es eine Zuspitzung auf die Frage geben, wer dieses Land führen soll, prognostiziert Hofer – und damit ein Duell Kern gegen Kurz oder vielleicht sogar einen Dreikampf mit Strache. Nachteil für Pilz sei, dass er im ORF nicht an den Kandidaten-Duellen teilnehmen könne.
"Kannibalisierung der Kleinparteien"
Überhaupt bestehe die Gefahr der "Kannibalisierung im Bereich der kleinen Parteien", warnt Hofer. Müssen die Grünen durch die Pilz-Kandidatur sogar um den Einzug ins Parlament zittern? "Das halte ich für eher unwahrscheinlich. Die Hürde für den Einzug ist in Österreich mit vier Prozent niedriger als in anderen Ländern."
Die Kandidaten der Liste Pilz würden keine besondere Strahlkraft benötigen. "Bekanntheit und Strahlkraft bringt Pilz selbst ein. Von den Kandidaten braucht er Engagement und ein gewisses Maß an politischer Erfahrung. Und sie müssen thematisch firm sein", sagt Hajek. Ist Pilz' großes Ego für mögliche weitere Kandidaten abschreckend? "Eines stimmt: In Richtung Abwerbung von SPÖ-Kapazundern ist Pilz noch kein Coup gelungen. Das wird er aber sicher noch probieren", glaubt Hofer.