Politik
"Katastrophal" – Kanzler Nehammer spricht Machtwort
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellt klar: "Die Beitrittsbedingungen für die Ukraine müssen auch für Westbalkan-Länder gelten."
Im Vorfeld des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs diskutierten die Abgeordneten heute im EU-Hauptausschuss des Nationalrats die in Brüssel auf der Tagesordnung stehenden Themen mit Bundeskanzler Karl Nehammer und Europaministerin Karoline Edtstadler. Nehammer sprach sich dafür aus, dass die Beitrittsbedingungen für die Ukraine auch für die Westbalkan-Länder insbesondere für Bosnien-Herzegowina gelten müssen. Österreich werde sich auf EU-Ebene dafür einsetzen. Dem schloss sich auch Europaministerin Karoline Edtstadler an. Der Kandidatenstatus für die Ukraine sei zudem nicht mit Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft gleichzusetzen.
Weitere Themen waren die durch die Ukraine-Krise drohenden Versorgungsengpässe mit Lebensmitteln sowie das weitere Vorgehen mit den Ergebnissen der Konferenz zur Zukunft Europas.
Die beiden Anträge der FPÖ auf Stellungnahme fanden keine Mehrheit im EU-Hauptausschuss. Die Freiheitlichen sprechen sich für den Erhalt des Einstimmigkeitsprinzips und der Souveränität der Mitgliedstaaten aus. Zudem sollen die geltenden rechtlichen Bestimmungen zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten geachtet und keine Ausnahmeregelungen für die Ukraine geschaffen werden.
Österreich trägt besondere Verantwortung
Für Bundeskanzler Karl Nehammer liegt die Priorität beim Themenkomplex Ukraine weiterhin in der Einstellung der Kampfhandlungen, die in einen Waffenstillstand münden sollen. Wichtig sei dabei weiterhin die Aufrechterhaltung des Istanbuler Prozesses, er sei dazu in Kontakt mit dem türkischen Präsidenten, informierte der Bundeskanzler. Was die am kommenden EU-Gipfel geplante Einigung auf einen Beitrittskandidatenstatus für die Ukraine und die Republik Moldau betrifft, wird laut Nehammer dadurch ein neues Verfahren etabliert. Dabei komme es noch vor der Erfüllung von EU-Kriterien zur Verleihung des Kandidatenstatus.
"Das muss auch für anderen Kandidatenländer am Westbalkan wie Bosnien-Herzegowina gelten", erläuterte der Bundeskanzler die Position Österreichs. Auch brauche es "klare Signale" für Nordmazedonien und Albanien. Aufgrund seiner geschichtlichen Vergangenheit und der großen Diaspora, trage Österreich eine besondere Verantwortung für die Region.
Der Bundeskanzler zeigte sich zudem über die Herausforderungen zur Aufrechterhaltung der Ernährungssicherheit besorgt. Dies sei ein zentrales Thema für viele Staaten. Es sei "katastrophal", dass durch die hohen Preise am Weltmarkt, das World Food Programme Rationierungen vornehmen müsse. Umso wichtiger sind laut Nehammer deshalb sichere Korridore für Lebensmittel aus der Ukraine. Der russische Präsident habe etwa zugesagt, sichere Meerkorridore im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Die Türkei habe sich bereiterklärt, diese mit ihrer Marine zu gewährleisten.
"Nicht nachvollziehbar"
"Es ist nicht nachvollziehbar, dass man Bosnien und Herzegowina den Beitrittskandidatenstatus verwehrt", betonte auch Europaministerin Karoline Edtstadler. Österreich werde sich weiterhin stark dafür in Europa einsetzen. Zudem sei der Kandidatenstatus für die Ukraine nicht mit der EU-Mitgliedschaft gleichzusetzen, unterstrich Edtstadler. Was die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas betrifft, herrsche auf EU-Ebene Einvernehmen, dass es einen Follow-up-Prozess brauche, um den Bürger:innen die Vorhaben der EU "rückzuspiegeln". Insgesamt würden 320 Vorschläge auf dem Tisch liegen, 18 davon würden Vertragsveränderungen nach sich ziehen. Der Fokus liege dabei auf Verbesserungen für mehr Bürger:innennähe.