Ukraine
Butscha-Massaker – Straßen der Stadt voller Leichen
Das mutmaßliche Massaker der russischen Armee in Butscha erschüttert die Welt. Mindestens 340 Leichen von Zivilisten wurden bereits geborgen.
Die Bilder aus Butscha, einem zurückeroberten Vorort Kiews, erschütterten am Wochenende die Welt. Überall auf den Straßen liegen Leichen. Es sind aber keine Soldaten, sie tragen zivile Kleidung. Manchen wurden die Augen verbunden, einige sind gefesselt. Mehrere Leichen wurden in Behelfsgräbern halb verscharrt, wieder andere haben schwere Brandwunden. Neben einem Mann liegen Kartoffeln, die aus einem Plastiksackerl gekullert sind. Ein anderer neben einem Fahrrad.
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Die Aufnahmen, die offizielle Pressefotografen von Reuters, AFP und anderen Nachrichtenagenturen in der Gemeinde gemacht haben, gehen durch Mark und Bein. "Heute" hat sich an dieser Stelle gegen eine Veröffentlichung der meisten der erschütternden Bilder entschieden.
Mindestens 340 Tote, Massengräber
Die Anschuldigungen wiegen schwer: die russische Armee soll dafür verantwortlich sein und vor ihrem Abzug Zivilisten einfach auf offener Straße hingerichtet haben. "Massaker" und "Kriegsverbrechen" sind nur einige der Wörter, die im Zuge dessen fallen.
Die nachgerückten Ukrainer haben nun die Aufgabe die Körper der Toten zu sammeln. In schwarzen Leichensäcken werden sie weggebracht, einige wurden von Nachbarn, Freunden und Angehörigen auch in Hinterhöfen begraben. Laut der Zeitung "Ukrajinska Prawda" wurden bisher mehr als 340 Opfer gezählt.
Satellitenbilder zeigen Reihe um Reihe von Leichensäcken und einen rund 15 Meter langen Aushub – ein offenes Massengrab:
Selenski fürchtet noch "schrecklichere Dinge"
Der ukrainische Präsident Wolodomir Selenski befürchtet nun, dass sich noch "schrecklichere Dinge auftun könnten" als das, was bisher über die "Verbrechen in der Stadt Butscha" bekannt geworden ist. Andere Regionen des Landes stünden noch unter russischer Kontrolle. Dort könnten "noch mehr Tote und Misshandlungen" bekannt werden, sagte Selenski in einer Videobotschaft am Sonntagabend.
Russen dementieren alles
Das russische Verteidigungsministerium dementiert einem Agenturbericht zufolge einen Massenmord an Zivilisten in Butscha. Jegliches von der Ukraine veröffentlichte Bild- und Filmmaterial in diesem Zusammenhang stelle eine Provokation dar, berichtet RIA unter Berufung auf das Ministerium. Alle russischen Einheiten hätten Butscha am 30. März verlassen.
ORF-Star warnt vor einseitiger Darstellung
ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz hofft auf eine internationale Untersuchung in Butscha, mahnt aber auch zur Vorsicht hinsichtlich der Darstellung der Situation seitens der Ukraine: "Man darf die zweite Dimension dieser Bilder nicht vergessen. Das ist der Umstand, dass es darum geht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen", erklärt der Bundesheer-Offizier am Montag im Ö1-Morgenjournal.
"Eine Untersuchung wäre sehr angebracht, denn ob wirklich ALLE der Menschen, die dort herumgelegen sind, Opfer von Kriegsverbrechen geworden sind, muss man wirklich erheben. Denn an diesem Ort ist an den ersten Tagen massiv gekämpft worden und die Russen sind da zusammengeschossen worden", so Wehrschütz. Das könnt das Auftauchen der Massengräber ab 10. März neben der Kirche erklären.
Doch selbst wenn die Schuldfrage eindeutig zu Lasten der Russen geklärt werden würde, für die Verantwortlichen in der Generalität und dem Kreml bliebe das vermutlich ohne Folgen. Wehrschütz sieht keinerlei Möglichkeit, diese zur Rechenschaft zu ziehen: "Es kann gar nichts passieren". Russland sei eine atomare Großmacht, die die internationale Gerichtsbarkeiten nicht anerkenne.