Gesundheit

Corona-Impfforschung könnte vor neuen Pandemien retten

Die Corona-Krise treibt die medizinische Forschung im Eiltempo voran. Die Erkenntnisse sind wegweisend für zukünftige Pandemien.

Sabine Primes
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Die Forschung arbeitet auf Hochtouren, denn die nächste Pandemie kommt bestimmt. 
Die Forschung arbeitet auf Hochtouren, denn die nächste Pandemie kommt bestimmt. 
Getty Images/iStockphoto

In Mitteleuropa kennt man die Covid-19-Impfstoffe von AstraZeneca, Biontech/Pfizer, Moderna sowie Johnson & Johnson, aber der Markt ist viel größer: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat schon sieben Impfstoffe als effektiv und sicher anerkannt und prüft weitere. Weltweit sind insgesamt rund zwei Dutzend Impfstoffe im Einsatz. Und die Forschung läuft auf Hochtouren. Nach Angaben der WHO werden bereits mehr als 130 Corona-Impfstoffe klinisch getestet.

Dazu seien fast 200 weitere Vakzine in der vorklinischen Entwicklung. Doch braucht man so viele? "Nein", sagt Tropenmediziner Jakob Cramer. Der Hamburger ist Leiter für klinische Entwicklung bei Cepi, einer Koalition aus Regierungen, WHO, Impfstoffherstellern und Stiftungen, die die Erforschung neuer Impfstoffe fördert. Die Forschung sei aber wichtig, denn: "In der Impfforschung bleiben meist 90 Prozent der Kandidaten auf der Strecke."

Impfstoffe müssen womöglich an Omikron angepasst werden

Die neue Omikron-Variante des Virus zeigt die Herausforderungen: Womöglich müssen die Impfstoffe für einen bestmöglichen Schutz gegen Omikron angepasst werden. Moderna und Biontech/Pfizer erforschen dies bereits und halten solche Anpassungen bis Frühjahr 2022 für möglich. Das ändere nichts daran, dass die Grundimpfung mit ein oder zwei Dosen mit den vorhandenen Impfstoffen höchst wirksam sei und fortgesetzt werden müsse, sagt Annelies Wilder-Smith, Professorin für neu auftretende Infektionskrankheiten an der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Biontech hatte nach vorläufigen Laborergebnissen kürzlich mitgeteilt, dass drei Dosen ihres Impfstoffs für einen ausreichenden Schutz vor Omikron nötig seien.

Größter Teil der Infektionen auf Delta zurückzuführen

Die WHO betont, dass die weitaus größte Zahl der Infektionen die Delta-Variante betreffen, bei der die vorhanden Mittel sehr gut schützen. Je mehr Menschen mit den vorhandenen Vakzinen geimpft seien, desto weniger können sich neue Varianten bilden, sagt Florian Krammer, Professor für Impfstoffkunde an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. Bei Menschen, die sich trotz Impfung infizieren, vervielfältige sich das Virus wahrscheinlich langsamer als bei Ungeimpften.

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    v.l.n.r.: Gesundheitsminister <strong>Wolfgang Mückstein</strong>,&nbsp;Verfassungsministerin <strong>Karoline Edtstadler</strong>&nbsp;und NEOS-Chefin <strong>Beate Meinl-Reisinger</strong> präsentierten die Details zum Impfpflicht-Gesetzesentwurf. (Wien, 9. Dezember 2021)
    v.l.n.r.: Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger präsentierten die Details zum Impfpflicht-Gesetzesentwurf. (Wien, 9. Dezember 2021)
    GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

    Manche Länder brauchen Impfmittel, die keine Kühlung benötigen

    Abgesehen davon sind auch weitere Arten von Impfstoffen nötig. Ärmere Länder brauchen zum Beispiel Mittel, die anders als jene von Biontech/Pfizer und Moderna auch ohne Tiefkühlung lange haltbar sind. Die WHO ermuntert Firmen, weiter zu forschen. Geforscht wird in Deutschland, China, den USA, Indien, aber auch in der Türkei, Vietnam, Thailand und anderen Ländern.

    Mehr Schutz für immungeschwächte Menschen

    Geforscht wird auch, wie immungeschwächte Menschen besser geschützt werden können, oder an Impfstoffen, die als Nasenspray verabreicht werden können. So etwas gibt es in manchen Ländern als Grippeimpfung.

    2022 ist die Ausgangslage zudem ganz anders als bei der Entwicklung der ersten Covid-19-Impfstoffe. Denn dann dürfte ein großer Teil der Weltbevölkerung durch Impfung oder natürliche Infektion Antikörper gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haben, meint Cramer. Womöglich reichen Auffrischungsimpfungen in geringerer Dosierung. "Das würde auch bei der Verträglichkeit noch bessere Ergebnisse erzielen."

    Ein Impfstoff, der gegen mehrere Erreger gleichzeitig wirkt

    Cepi strebt einen Impfstoff an, der umfassend vor SARS-CoV-2 und weiteren sogenannten Beta-Coronaviren gleichzeitig schützt. Denn es ist klar: die nächste Pandemie kommt bestimmt, vermutlich mit einem anderen Atemwegsvirus. "Wir denken viel darüber nach, was die nächste pandemische Bedrohung sein könnte", sagt Hamilton Bennett, beim US-Corona-Impfstoffhersteller Moderna.

    Die WHO führt eine Liste mit rund einem Dutzend Krankheitserregern, die bedrohlich werden könnten. Moderna erforsche die Eigenschaften fast aller dieser Virenfamilien und führe schon Studien durch. "Wenn innerhalb der Familie dann ein gefährlicher Virenstamm auftaucht, können wir sehr schnell sein", sagt Bennett der dpa. Dann könne in 100 Tagen oder sogar weniger ein einsatzbereiter Impfstoff fertig sein. Die 100 Tage sind auch das Ziel von Cepi, und die G7-Staaten unterstützen es.

    mRNA-Technologie als Meilenstein

    Möglich sei das dank der bei einigen Covid-19-Impfstoffen erstmals eingesetzten mRNA-Technologie, sagt Bennett. Die nutzt auch das Mainzer Unternehmen Biontech. Bei der Impfung mit mRNA-Impfstoffen erhalten Körperzellen den nach kurzer Zeit wieder verfallenden Bauplan für einen kleinen Bestandteil des Virus. Dieses sogenannte Spike-Protein produzieren die Zellen dann selbst, woraufhin das Immunsystem Antikörper gegen den Krankheitserreger bildet. Im Falle eines anderen Virus würde ein anderer Bauplan verwendet, das Verfahren bliebe gleich, so Bennett.

    Wenn Regulierungsbehörden das Verfahren als sicher anerkennen und sich bei neuen Erregern nur der Bauplan ändere, wären keine langwierigen Studien mehr nötig. Innerhalb von 100 Tagen oder weniger könnte ein Impfstoff bereit stehen.