Gesundheit
Frühere Erkältungen schützen bei Corona-Infektion
Einige Menschen, die noch nie mit SARS-CoV-2 Kontakt hatten, besitzen Gedächtnis-Immunzellen, die den Erreger trotz seiner Neuheit erkennen.
Wird das Immunsystem mit einem neuen Virus konfrontiert, hat es üblicherweise noch keine abgestimmten Abwehrmechanismen. Bis die Immunantwort greift, hat das Virus also Zeit, sich im Körper zu vermehren und Schaden anzurichten. Das Coronavirus, Sars-CoV-2, ist ein solches Virus, auf das der Körper nicht vorbereitet war - oder doch? Denn wie kommt es dann, dass nicht alle Infizierten einen schweren Verlauf erleiden oder manche gar nichts von ihrer Infektion bemerken?
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Kreuzreaktion ist einer von mehreren Gründen für Verläufe
"Es gibt inzwischen starke Belege dafür, dass es eine Kreuzreaktivität mit Antikörpern gegen harmlose Erkältungs-Coronaviren gibt", erklärt ein Forschungsteam um Lucie Loyal von der Charité Berlin.
Das Team führte die Beobachtung darauf zurück, dass diese sogenannten T-Helferzellen sich in der Vergangenheit mit harmloseren Erkältungs-Coronaviren auseinandersetzen mussten und aufgrund der ähnlichen Struktur, insbesondere des Spike-Proteins auf der Virusoberfläche, auch das neue Coronavirus angreifen. Eine solche Kreuzreaktivität wurde inzwischen in einer ganzen Reihe von Studien bestätigt.
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Bestimmter Bereich des Spike-Proteins als Schlüssel
Unklar blieb allerdings die Frage, wie diese Immunzellen den Verlauf einer späteren SARS-CoV-2-Infektion beeinflussen. Den Daten zufolge könnte die Kreuzimmunität einer von mehreren Gründen nicht nur für die unterschiedlich schweren COVID-19-Verläufe, sondern auch die unterschiedliche Effektivität der Impfungen in verschiedenen Altersgruppen sein.
Für die Studie rekrutierten die Forschenden ab Mitte 2020 fast 800 Menschen, die noch nicht mit SARS-CoV-2 in Kontakt gekommen waren, und prüften in regelmäßigen Abständen, ob diese sich mit dem Erreger infiziert hatten. Das war bei 17 Personen der Fall. Deren Immunsystem analysierte die Forschungsgruppe sowohl vor als auch während der Infektion im Detail. Dabei zeigte sich, dass der Körper T-Helferzellen, die er gegen endemische Erkältungs-Coronaviren gebildet hatte, auch gegen SARS-CoV-2 mobilisierte. Außerdem fiel die Immunantwort gegen SARS-CoV-2 qualitativ umso besser aus, je mehr dieser kreuzreagierenden Zellen vor der Infektion vorhanden waren.
Die Zellen erkannten dabei besonders häufig einen bestimmten Bereich des Spike-Proteins. Die Struktur des alten und des neuen Coronavirus ist an dieser Stelle besonders ähnlich geblieben. "Bei Erkältungen mit harmloseren Coronaviren baut das Immunsystem also eine Art universelles, schützendes Coronavirus-Gedächtnis auf", erklärt Dr. Claudia Giesecke-Thiel, leitende Autorin der Studie. "Wenn es nun mit SARS-CoV-2 in Kontakt kommt, werden solche Gedächtniszellen wieder aktiviert und greifen nun auch den neuen Erreger an. Das könnte zu einer schnelleren Immunantwort gegen SARS-CoV-2 beitragen, die eine ungehinderte Ausbreitung des Virus im Körper zu Beginn der Infektion bremst und so den Verlauf der Erkrankung vermutlich günstig beeinflusst."
Impfung in jedem Fall wichtig
Die Wissenschaftlerin betont aber auch: "Das bedeutet nicht, dass man durch vergangene Erkältungen mit Sicherheit vor SARS-CoV-2 geschützt ist. Eine Impfung ist in jedem Fall wichtig. Unsere Studie liefert eine von mehreren Erklärungen für die seit Beginn der Pandemie gemachte Beobachtung, dass eine SARS-CoV-2-Infektion bei verschiedenen Menschen so unterschiedlich verlaufen kann.“