Gesundheit
Dieses Wetter treibt die Corona-Fallzahlen an
Kühle Temperaturen und Großveranstaltungen tragen zur Verbreitung des Coronavirus bei. Das zeigen österreichische Modellrechnungen.
Angesichts der aktuellen Temperaturen könnte man meinen, der Herbst sei im Anrollen. Und abgesehen vom weit entfernten Sommer-Feeling wirken niedrige Temperaturen auch auf die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus. Das zeigen Forscher nun in Modellrechnungen, die auf Fallzahlen in Österreich basieren.
In Europa geht man davon aus, dass sich das Virus in der kalten Jahreszeit um rund 40 Prozent leichter übertragen lässt. Internationale Studien zeigten bisher in Bezug auf SARS-CoV-2 unterschiedliche Effekte abhängig von Temperatur, Niederschlag, Bewölkung, Luftfeuchtigkeit oder Wind. Das schreiben die Wissenschaftler um Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien, den Simulationsforscher Niki Popper oder der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).
Luftfeuchtigkeit, Wind und Regen sind wichtige Faktoren
Ihre Arbeit basiert auf den Infektionszahlen hierzulande zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 15. Mai 2021. Es zeigte sich, dass bei einer deutlichen Zunahme der Temperatur um 2,4 Grad Celsius die Übertragungsrate um durchschnittlich 6,9 Prozent sinkt. Noch stärker war aber der Effekt bei steigender Luftfeuchtigkeit mit einem Minus von 17,1 Prozent. Das passe ins Bild, da höhere Sonneneinstrahlung zur Inaktivierung des Virus beiträgt und höhere Luftfeuchtigkeit die Aerosole schneller absinken lässt, sagt Klimek.
Steigen die Niederschlagsmengen im Bezirksvergleich im Schnitt um 0,21 Millimeter pro Stunde ergab sich in den Simulationen ein Plus von 19 Prozent. War es bewölkter, resultierte dies in einem Plus von15,5 Prozent. Das hängt auch damit zusammen, dass man sich bei Regenwetter eher in geschlossen Räumen trifft, wo eine Ansteckung wahrscheinlicher ist. Stärkerer Wind ging im Schnitt mit leichten Anstiegen einher. War der Aktionsradius der Menschen höher, ergab sich eine um 7,7 Prozent höhere Übertragungsrate. Man sehe insgesamt, "wie das Zusammenspiel von Verhaltensänderungen und physikalischen Änderungen die Virusübertragung moduliert", betonte der Forscher.
Masken, Singverbot und Gastro-Restriktionen wirksam
Die Eindämmungsmaßnahmen im Bildungsbereich hierzulande (das Tragen von Masken abseits des Platzes, das Verbot des Singens in Räumen und des Sportunterrichts) reduzierten laut der Analyse das Übertragungsgeschehen in der Altersgruppe unter 20 Jahren um knapp acht Prozent.
Relativ stark wirkten sich mildere Restriktionen in der Gastronomie, wie die Registrierungspflicht, verkürzte Öffnungszeiten oder reduzierte Besucherzahlen aus (minus 18 Prozent). Noch stärkere Auswirkungen hatten Maßnahmen im Gesundheitsbereich, wie Besuchsverbote oder das verpflichtende Tragen von FFP2-Masken (minus 20,6 Prozent). Das unterstreiche wiederum, wie wichtig der Schutz letzterer Einrichtungen im Kampf gegen Covid-19 ist, bekräftigten die Autoren.
Massenevents als Superspreader
Am deutlichsten war jedoch der Effekt beim Blick auf Veranstaltungen - vor allem bei größeren Events ohne fixe Plätze im Indoorbereich: Die Einschränkungen oder das Verbot ähnlicher Veranstaltungen bewirken demnach eine Übertragungsreduktion um ganze 37,5 Prozent, was deutlich über früheren Schätzungen von rund 25 Prozent liege. Das dürfte darin begründet sein, dass Superspreading-Events vor allem bei zuerst niedrigen Zahlen und dann starken regionalen Anstiegen eine besonders große Rolle spielen.