Gesundheit

Experte sieht Zukunft der Antigen-Tests kritisch

Eine deutsche Studie bescheinigt dem Antigen-Test eine schlechte Aussagekraft. Auch Experte Drosten stellt den Antigen-Test für die Zukunft infrage.

Sabine Primes
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Das Ergebnis in 15 Minuten: Bei Geimpften leider nicht mehr zuverlässig.<br>
Das Ergebnis in 15 Minuten: Bei Geimpften leider nicht mehr zuverlässig.
Getty Images/iStockphoto

Antigen-Schnelltests haben sich in der SARS-CoV-2-Diagnostik zu einer weit verbreiteten Alternative zu den PCR-Tests entwickelt. Sie sind einfach in der Handhabung, haben eine kurze Analysezeit und sind kostengünstig. Dennoch: Die gängigen Schnelltests erkennen eine Infektion mit dem Coronavirus deutlich seltener als ein PCR-Test. So lautet das Ergebnis einer neuen Studie, wie „Business Insider“ schreibt.

Die Wissenschaftler der Forschungsteams von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und dem Universitätsklinikum Würzburg (UKW) untersuchten insgesamt mehr als 5000 Testergebnisse von Menschen, die sowohl einen Antigen- als auch einen PCR-Test durchgeführt hatten. Die Ergebnisse wurden punkto ihrer Sensitivität verglichen. Sie gibt an, bei wie viel Prozent der infizierten Personen der Test auch tatsächlich positiv ausfällt.

Nicht die versprochene Zuverlässigkeit, aber Spezifität

Entgegen der von den Herstellern bescheinigten hohen Zuverlässigkeit von mehr als 90 Prozent, zeigt die Studie anderes: Mit 42,6 Prozent liegt die Sensitivität deutlich unter den Angaben der Hersteller. Das bedeutet, dass bei nur 42,6 Prozent der Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, ein Antigen-Schnelltest auch ein positives Ergebnis zeigte.

Was die Untersuchungen aber auch zeigten: Die Spezifität der Tests liegt im Gegensatz zur Sensitivität im Bereich der Herstellerangaben, bei 98,68 Prozent nämlich. Dieser Wert definiert den Anteil derjenigen, die korrekt negativ getestet wurden.

Personen mit niedriger Viruslast häufig falsch diagnostiziert 

Sogenannte "Superspreader" – also Covid-Infizierte, die eine besonders hohe Viruslast in sich tragen – erkannten die Antigen-Schnelltests meist richtig als Corona-positiv. Probleme bereiteten die Proben mit niedrigen Viruslasten: Bei ihnen wurde häufig ein falsch-negatives Ergebnis angezeigt. Problematisch sei das vor allem zu Beginn einer Infektion, wenn die Erkrankten noch keine hohe Viruslast in sich tragen, aber bereits ansteckend sind. „Dann liefern Antigen-Schnelltests möglicherweise erst später als ein PCR-Test die richtige Diagnose und können so den Betroffenen falsche Sicherheit geben", sagt Studienleiter Manuel Krone. Weniger riskant seien falsch-negative Testergebnisse zum Ende einer Infektion. Dann gehe von den Infizierten kein so hohes Ansteckungsrisiko mehr aus.

Antigen-Tests kein Ersatz für PCR

Krone weist weiter darauf hin, dass man sich aufgrund eines negativen Testergebnisses nicht in falscher Sicherheit wiegen dürfe. Das Risiko, jemanden anzustecken, sei weiter gegeben, auch wenn ein negatives Ergebnis vorliege. „Antigen-Schnelltests sollten nicht als Ersatz für PCR-Untersuchungen bei symptomatischen Personen eingesetzt werden, wenn PCR-Kapazitäten zur Verfügung stehen“, sagt er.

Auf die Testmethode verzichten könne man allerdings auch nicht: „Großflächig und regelmäßig eingesetzt ermöglichen sie eine zusätzliche Erkennung von in vielen Fällen auch asymptomatischen SARS-CoV-2-Infizierten und damit eine Unterbrechung von Infektionsketten.“

Aussagekraft der Antigen-Tests wird sinken

Auch Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten sieht die Zukunft der Antigen-Tests kritisch. 

Denn die Nasensekrete derjenigen, die bereits gegen Corona geimpft und damit immunisiert sind, werden nicht nur Virusbestandteile enthalten, sondern auch Antikörper. Und diese Antikörper stören die Nachweisreaktion. Solche einfachen Protein-Antigentests würden auch für Influenza eingesetzt werden. Auch dort zeige sich, dass bei jemanden, der gegen Influenza geimpft ist, die Tests nur ganz schlecht funktionieren. "Sie sind nicht sehr sensitiv. Die sind so wenig sensitiv, dass man die wirklich als Kontrolltool in der Epidemiologie mit einem Fragezeichen versehen muss, ob die noch so nützlich sind", so Drosten.

Weiter prognostiziert er, dass wir "im nächsten halben Jahr bis ein Jahr in der klinischen, epidemiologischen Testung, die Aussagekraft dieser Antigentests graduell stückchenweise immer weiter verlieren werden, weil bei vorimmunisierten Patienten dieser Test nicht mehr gut positiv werden wird". So seine Schätzung, die er aus Berufserfahrung mache.

Bei Kindern allerdings, stelle sich die Situation anders dar. Da werde man die Antigen-Tests auch im Herbst weiter brauchen, weil alle ab 12 Jahren bis dahin wahrscheinlich nicht flächendeckend geimpft sein würden. Das mache aber nichts, da bei Kindern diese Immunität nicht bestehe. Aber bei den Immunen – das sind vor allem erst mal die Erwachsenen – werde man die sinkende Aussagekraft dann sehen.