Politik
Sellner löschte Emails 41 Minuten vor Razzia
Neue Recherchen zeigen, dass zwischen der Löschung von Emails und der Hausdurchsuchung in Sellners Wohnung nur wenig Zeit vergangen sein soll.
"Wenn du jemals nach Wien kommst, müssen wir auf einen Kaffee oder ein Bier gehen."
– Martin Sellner
Dieser Satz findet sich im Mailverkehr zwischen dem österreichische Identitären-Chef Martin Sellner und Brenton T., der am 15. März 2019 in neuseeländischen Moscheen 50 Menschen ermordet haben soll.
Die Identitäre Bewegung in Österreich (IBÖ) besteht seit 2012 und geht von der "europäischen Kultur" aus, deren Identität vor allem von einer Islamisierung bedroht sein soll. Die "IBÖ" wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuft. Das Logo der Organsiation ist der griechische Buchstabe Lambda. Er wird in gelb auf schwarzem Hintergrund dargestellt.
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Die Nachrichten, in denen sich Sellner für eine Spende des späteren Killers in Höhe von 1.500 Euro bedankt, wurden zwischen dem 6. und 10. Jänner 2018 ausgetauscht. Die letzte bekannte Email zwischen Sellner und dem Christchurch-Attentäter stammt vom Juli 2018. Kurz darauf soll er Mietwagen und Unterkünfte in Österreich gebucht haben.
Löschung kurz vor Razzia?
Diese Emails lagen anschließend auf Sellners Account – bis zum 23. März 2019. Wie aus Dokumenten, die Peter Pilz (Jetzt) vorliegen, hervorgeht, soll Sellner an jenem Tag um 12.19 Uhr die Nachrichten als Screenshots archiviert und anschließend gelöscht haben.
"Zwei Tage später bestätigte Sellner die Löschung der Emails in der Einvernahme. Er leugnet es nicht", so Pilz im Gespräch mit "Heute.at".
Nur 41 Minuten später – um 13.00 Uhr – begannen Beamte des BVT im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz mit der etwa dreistündigen Hausdurchsuchung in Sellners Wiener Privatwohnung.
In einer Stellungnahme gegenüber dem "Standard" gibt Sellner an, dass er "die Kontaktdaten eines Terroristen nicht in meinem Email-Postfach haben" wollte. Er habe sie zur Dokumentation gespeichert.
Terror-Ermittlungen
Derzeit laufen Terror-Ermittlungen gegen Sellner. Laut einem Bericht des BVT vom 4. April 2019 gilt er als "dringend tatverdächtig", Mitglied eines "bis dato nicht näher verifizierbaren international agierenden rechtsextremen Netzwerkes" zu sein.
Laut Peter Pilz stellt sich die Frage, ob Sellner vor der Hausdurchsuchung gewarnt wurde. "Es könnten noch mehr Emails verschwunden sein", sagt der Jetzt-Abgeordnete zu "Heute.at". "Aber es ist nicht zu spät."
Pilz richtet nun eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Er fordert unter anderem Auskunft darüber, seit wann der Minister oder sein Generalsekretär wüssten, dass Sellner die Mails mutmaßlich so kurz vor der Hausdurchsuchung löschte. Außerdem will Pilz wissen, ob in dieser Sache Ermittlungen eingeleitet wurden. "Meines Wissens wurde das nicht untersucht", sagt er gegenüber "Heute.at".
Empörte Reaktionen
Auch die anderen beiden Oppositionsparteien meldeten sich am Mittwoch zu der Causa zu Wort. "Es kommt immer mehr ans Licht, dass die Spende des Attentäters an die Österreichischen Identitären mehr war als ein einmaliger Kontakt", so Stephanie Krisper, NEOS-Sprecherin für Inneres, in einer Aussendung.
"Es fällt mir angesichts der engen Verbindungen zwischen der FPÖ und den Identitären schwer, hier an einen Zufall zu glauben", ließ SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda wissen. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker schoss postwendend zurück: "Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer soll nun die Behörden in Ruhe arbeiten lassen und seine scheinbare Berufung zum Privatdetektiv lieber in seiner eigenen Partei ausleben – da gebe es nämlich genug zu tun."
Das Innenministerium wollte den Verdacht auf einen Leak gegenüber dem "Kurier" nicht kommentieren. Sprecher Christoph Pölzl verwies auf "laufende Ermittlungen".
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