Politik
Hendln aus der Ukraine fehlt ein Knochen bei uns
Landwirtschaftsministerin Köstinger fordert nach der Aufregung um den Import großer Mengen von billigem Hendlfleisch aus der Ukraine strengere Kontrollen.
Einem ukrainischen Geflügelzüchter ist es trotz strenger Importbeschränkungen gelungen, qualitativ minderwertiges Hühnerfleisch aus fragwürdiger Haltung zu Billigpreisen auf EU-Boden zu bringen.
Als "glasklaren Betrug, der auf dem Rücken der Konsumenten und in letzter Konsequent auch unseren Bauern stattfindet", bezeichnete Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) jene Vorgehensweise und fordert im Zuge des EU-Wahlkampfs nun strengere Kontrollen von der EU-Kommission, wie im Ö1-Mittagsjournal berichtet wurde.
EU-Förderungen an Tierwohl anknüpfen
Dass der ukrainische Konzern MHP von EU-Unterstützungen profitiert hat, sorgt bei den heimischen Landwirten für besonders großen Ärger. Die EU vergibt Kredite an ukrainische Betriebe, um die dortige Wirtschaft zu modernisieren. Die strikten europäischen Tierhalteregeln gelten dort aber (noch) nicht.
Künftig soll EU-Agrarhilfe an strenge Tierwohlstandards gebunden sein, so zumindest die Forderung Köstingers. "Meiner Meinung nach ist es höchst an der Zeit, dass Gelder europäischer Steuerzahler so verwendet werden, dass sie die Situation dort, wie sie eingesetzt werden, verbessern und nicht dazu führen, dass Produkte mit niedrigeren Standards nach Europa importiert werden. Das ist eine widersinnige Art und Weise der Förderung, die wir derzeit in Europa haben."
Der Bauernbund geht noch weiter und fordert überhaupt einen Importstopp aus der Ukraine.
Gesetzeslücke genutzt
Wie berichtet, umgeht der ukrainische Konzern das im Rahmen des Freihandelsabkommens geltende Einfuhrlimit von 20.000 Tonnen für Hühnerbrüste, dem teuersten Stück des Hendls, mit einem simplen Trick: Anstatt sie komplett auszulösen, wird ein Knochen am Brustfleisch belassen, wodurch dieses als "minderwertige Ware" zählt – und darauf gibt es weder Zoll noch Einfuhrbeschränkungen.
Der Züchter hatte die Brüste zunächst in die Slowakei gebracht und dort dann den Knochen entfernen lassen. So wurde das Fleisch zum EU-Produkt.
Mindeststandards müssten eingehalten werden
Der österreichische EU-Abgeordnete Thomas Waitz (Grüne) hat am Wochenende einen Lokalaugenschein in MHP-Fabriken in der Ukraine unternommen. Er berichtet im Ö1-Gespräch von bedenklichen Zuständen für Umwelt und Tiere und fordert eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch. Das sei die einzige Möglichkeit für Österreich zu reagieren. An einer solchen Regelung zu einer Herkunftskennzeichnung wird seitens des Landwirtschaftsministeriums bereits gearbeitet, "Heute.at" berichtete.
Die EU-Kommission zieht indes einen fragwürdigen Schritt in Erwägung. Sie will die Import-Quote nun anheben, damit das Hühnerfleisch legal in die EU kommen kann und so der "Schummelimport" abgestellt wird.
"Der Plan ist es, den Trick zu legalisieren", bestätigte Waitz. Wenn 50.000 oder 70.000 Tonnen durch ein entsprechendes Freihandelsabkommen mit der Ukraine zollfrei importiert werden dürften, wäre der Trick nicht mehr notwendig. (ek)