Politik
Grasser-Befragung endet mit 196 offenen Fragen
Am Donnerstag war Grasser im Gericht sehr schweigsam. Aus Prinzip verweigerte er den Staatsanwälten die Antwort. Aufregung gab es dennoch. Lesen Sie hier, warum >>
Am Donnerstag "feierte" der Buwog-Prozess ein Jubiläum. Der 50. Prozesstag war gleichzeitig Grassers zehnter Tag in der Mitte. Die Fragen stellten die Staatsanwälte. Antworten gab es zum überwiegenden Teil keine.
Grasser hat sich einen - recht langen - Standardsatz (siehe Live-Ticker unten) zurechtgelegt, auf den er bei jeder Frage der Staatsanwälte verwies. Es fehle ihm die Vertrauensgrundlage, um inhaltlich zu antworten. Deshalb blieben die rund 170 Fragen, die die Staatsanwälte an ihn hatten, unbeantwortet. Zusammen mit den Fragen des Privatbeteiligtenvertreters CA Immo, die ebenfalls unbeantwortet blieben, waren es rund 200 Entschlagungen.
Freilich nicht, weil Grasser keine Antwort parat gehabt hätte. Die Entschlagungen richteten sich höchstpersönlich gegen die Staatsanwälte. Bei gelegentlichen Zwischenrufen der Richterin, dass sie ebenfalls an einer Antwort Grassers interessiert wäre, antwortete er bereitwillig. Eine einzige Ausnahme gab es dann doch: Als Grasser am Nachmittag eine Frage von Staatsanwalt Denk inhaltlich beantwortete, war dieser regelrecht überrascht darüber. Knapp fünf Stunden lang dauerte das Frage-Entschlagungsspiel, bis die Staatsanwälte aufgaben.
Was bisher im Buwog-Prozess geschah
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Streit um Powerpoint
Der Vormittag verlief dennoch nicht ohne Reibungen. Darüber, dass die Staatsanwälte Grassers und Meischbergers Termine aus den Akten in einer Zeitleiste auf Powerpoint-Folien nebeneinander stellten, musste sich Grassers Anwalt Norbert Wess sehr aufregen.
Er wollte wissen, ob die Powerpoint denn Bestandteil des Prozess-Aktes sei. Wenn nicht, dürfe der Staatsanwalt keine Fragen dazu stellen. Ein längeres, durchaus etwas lauteres Streitgespräch begann, welches nach einem Machtwort der Richterin beendet wurde. Die Präsentation wurde zum Akt genommen, die Befragung ging weiter.
Plech im "Lenkungsausschuss"
Viele Fragen hatten die Staatsanwälte auch zur Rolle Ernst Karl Plechs in der Buwog-Vergabe. Grasser hat in der Vergangenheit ausgesagt, dass Plech nicht involviert war. In den Dokumenten der Vergabebank Lehman fand der Staatsanwalt jedoch viele Erwähnungen Plechs. Den Akten nach scheint er Mitglied eines "Lenkungsausschusses" zu sein, in dem auch Grasser saß. Dieses Gremium war mit der Aufgabe bedacht, "wesentliche Entscheidungen" zu treffen. Auch E-Mails zu dem Thema gingen an Plech. Grasser sagte dazu, mit Verweis auf seinen Standardsatz, nichts.
960 Mio. eh nicht relevant
Interessant waren die Ausführungen des Staatsanwaltes zur vermeintlich "entscheidenden" Info 960 Mio. Laut Grasser stellt es die Anklage so dar, als wären die 960 Mio. Finanzierungsgarantie der CA Immo aus der ersten Bieterrunde ein Hinweis darauf gewesen, wieviel in der zweiten, finalen Bieterrunde geboten werden würde. Deshalb sei es die 10-Millionen-Euro-werte Info gewesen. Lange und wiederholt legte Grasser in seiner zehntägigen Befragung dar, dass dem nicht so sei.
Der Staatsanwalt gab Grasser in diesem Punkt recht. Die Info sei tatsächlich nicht relevant gewesen. Grasser habe aber offenbar die Vorwürfe gegen ihn falsch verstanden. Da diese Finanzierungsgarantie 960 Mio., die nach dem ersten Angebot herumgeisterte, eben irrelevant war, wäre ja ohnehin niemand auf die Idee gekommen, diese weiterzugeben. Das sei dann erst recht ein Indiz dafür, dass Grasser die Info weitergegeben haben müsse (vermutlich damals noch in dem Glauben, dass sie doch wichtig sei). So zumindest die Argumentation des Staatsanwaltes. "Warum in aller Welt soll irgendjemand, der genau weiß, dass das irrelevant ist, das weitersagen?", fragte der Staatsanwalt. Grasser sagte dazu, Sie werden es sich mittlerweile denken können, wieder nichts.
"Zu viel" mit Toifl getroffen
Der unterlegene Bieter CA Immo hat einen Privatbeteiligtenvertreter in den Prozess entsandt. Obwohl Grasser dessen Ansprüche nicht anerkennt, durfte auch er seine Fragen stellen. Er bezog sich dabei hauptsächlich auf Grassers Interaktion mit dem Ex-Meischberger-Anwalt und ebenfalls Angeklagten Gerald Toifl.
Grasser habe sich mit ihm nur getroffen, um sich Informationen über Meischbergers Aktivitäten während des Buwog-Verkaufs zu holen (von denen er ja nichts wusste, wie er sagt). Waren dazu, wie der CA Immo-Vertreter zeigte, 41 Beratungsstunden in drei Monaten notwendig? Grasser verweigerte wieder die Aussage.
E-Mail-bedingte Pausen
Der Prozess endete gegen 17.40 Uhr nach zahlreichen Unterbrechungen. Der Grund: Der CA Immo-Vertreter wollte Fragen zu E-Mails des Anwalts Toifl stellen, die bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt wurden. Toifls Verteidiger wollen, dass diese dem Berufsgeheimnis unterliegenden E-Mails nicht verwendet werden dürfen. Da Toifl aber selbst Beschuldigter hier ist, ist das nicht so klar.
Einen allgemeinen Antrag über die Verwendung alle E-Mails hat die Richterin bis heute nicht entschieden. Stattdessen zeigte der Fragesteller einzelne E-Mails her, zu der es jedes Mal Einsprüche gab. Die Richterin musste sich also mehrmals zur Beratung zurückziehen. Sie verkündete: Das werde auch so bleiben, denn man könne nicht pauschal über alle E-Mails entscheiden. Am heutigen Donnerstag zumindest hat sie die drei E-Mails, die Thema waren, zur Verwendung zugelassen und die Anträge der Toifl-Verteidiger abgewiesen.
In den E-Mails steht durchaus Brisantes. Toifls spricht darin zwar über seinen damaligen Mandanten Meischberger, doch erwähnt er auch mehrmals den Verdacht des Amtsmissbrauchs und Meischbergers möglicher Beihilfe dazu. Dieser Amtsmissbrauch könnte sich - so vermutet es die Anklage und der CA Immo-Vertreter - nur auf Grasser beziehen, der ja zum damaligen Zeitpunkt der einzige Amtsträger unter den Beteiligten war.
Der Prozess wird am 25. September fortgesetzt. Zur Überraschung aller wohl nochmal mit Grasser in der Mitte. Niemand - auch die Richterin nicht - hätte damit gerechnet, dass der CA Immo-Vertreter so viele Fragen an Grasser hat.
Norbert Wicki muss am Dienstag trotzdem aus seinem Wohnort Baku einfliegen, denn er soll als Nächster drankommen.
Lesen Sie im Live-Ticker nach, was bei Meischbergers Hausduchsuchung von den Beamten "vergessen" wurde:
(red)