Wintersport

Zwischen Olympia-Sieg und WM-Silber liegen 75 Kilometer

Eine Familie, zwei Medaillen und 75 Kilometer, die die größten Erfolge trennen. Nach Papa Patrick Ortlieb hat nun auch Tochter Nina Edelmetall geholt.

Markus Weber
Patrick Ortlieb wurde 1992 in Val d´Isere Olympiasieger, seine Tochter holte 31 Jahre später in Meribel WM-Silber.
Patrick Ortlieb wurde 1992 in Val d´Isere Olympiasieger, seine Tochter holte 31 Jahre später in Meribel WM-Silber.
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Wie der Vater, so die Tochter. Der jetzige ÖSV-Finanzreferent hatte vor 31 Jahren seine große Sternstunde, raste bei den Olympischen Spielen von Albertville 1992 zum Olympiasieg. Auf der legendären Face de Bellevarde von Val d´Isere. 

Am Samstag schlug nun die große Stunde seiner Tochter Nina, die bei der WM-Abfahrt von Meribel Silber holte, nur von der Sensations-Weltmeisterin Jasmin Flury aus der Schweiz geschlagen wurde. Die beiden Orte im Südosten Frankreichs trennen bloß 75 Straßenkilometer. Eine besondere Geschichte, die nur der Skisport schreibt. 

Während Papa Ortlieb auch noch 1996 Weltmeister wurde, war es für seine 26-jährige Tochter die erste Medaille. Und die glänzte beinahe wie Gold, krönt der Vize-Weltmeistertitel doch eine lange Leidenszeit. Die beste ÖSV-Abfahrerin bestreitet erstmals eine Großveranstaltung, wurde von Verletzungen immer wieder zurückgeworfen. 18 Operationen musste die 26-Jährige bereits über sich ergehen lassen. Zuletzt stürzte sie in Cortina schwer, erlitt eine Gehirnerschütterung. Deshalb stand auch hinter dem WM-Start ein großes Fragezeichen. Ortliebs Antreten wurde bis zum letzten Training offen gehalten. Doch die 26-Jährige fuhr. Und schlug zu!

"Harte Tage, wenn sie wieder von Hubschrauber geborgen wird"

"In Frankreich habe ich meinen größten Erfolg eingefahren mit dem Olympiasieg", schmunzelte der stolze Papa nach dem Rennen auf den Stockerlplatz seiner Tochter angesprochen. Und berichtete, wie nervös er war. Der ÖSV-Finanzreferent verfolgte das Rennen auf der Piste: "Selbst Rennen fahren ist weniger nervenaufreibend als zuzuschauen, aber es hat Spaß gemacht. Ich habe ihre Körpersprache gesehen, die Spannung, die sie sukzessive aufgebaut hat. Sie hat alles richtig umgesetzt", so Ortlieb. 

Mit Blick auf die Vielzahl an schweren Verletzungen verspürte der Papa auch Genugtuung. "Ich habe sie immer unterstützt, weil sie es unbedingt wollte. Es sind aber schon harte Tage, wenn sie wieder an einem Hubschrauber hängend geborgen wird. Unvorstellbar, dass sie es geschafft hat, vor zwei Wochen ist sie noch mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus gelegen. Aber sie ist halt extrem hart im Nehmen, aber aus diesem Material sind Sieger geschnitzt", erinnerte sich der Olympiasieger von 1992, der aber unterstrich: "Ich hoffe, dass es jetzt eine Wende nimmt, dass sie nicht immer die Rennen mit Übereinsatz in Angriff nimmt."  

"Das hat richtig gutgetan"

Die Silbermedaillen-Gewinnerin selbst strahlte nach der Siegerehrung am Abend, die ihr Vater nicht mehr miterlebte, bereits in die Heimat zurückfuhr, mit dem Edelmetall um die Wette. "Das hat richtig gutgetan, so viele Menschen haben sich für mich gefreut. Da vergisst man fast die harten Momente. Ich habe die Zeit bekommen, um es wieder zurück an die Weltspitze zu schaffen. Und das ist mir gelungen", lachte die Vorarlbergerin, die auch klarstellte, dass ein vorzeitiges Karriereende nie infrage kam. "Dafür mache ich den Skisport zu gerne, es ist eine Genugtuung, wenn man zeigen kann, dass man es noch drauf hat."