Österreich

Zwei Männer im Bermuda-Dreieck mit K.o.-Tropfen betäubt

Der Wiener Gerichtsmediziner Christian Reiter spricht im Podcast mit Florian Klenk über drei erschreckende K.o.-Tropfen-Fälle.

Christine Ziechert
Gerichtsmediziner Christian Reiter spricht im Podcast über K.o.-Tropfen-Fälle.
Gerichtsmediziner Christian Reiter spricht im Podcast über K.o.-Tropfen-Fälle.
iStock/zVg

"Die Wahrheit über K.o.-Tropfen. Warum Justiz, Polizei und Staat bei der Aufklärung versagen", heißt die aktuelle Folge des Podcasts "Klenk+Reiter". "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk und der pensionierte Wiener Gerichtsmediziner Christian Reiter widmen sich darin dem wichtigen Thema K.o.-Tropfen.

Reiter schildert drei erschreckende Fälle und behandelt die Fragen, warum Täter oft nicht verurteilt werden und warum es oft an aussagekräftigen Beweisen fehlt.

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    istock
    "Es stellte sich heraus, dass der Hauptkellner die Flasche 'bereit gestellt' hatte, um potentielle Opfer zu betäuben. Er wurde verurteilt" - Gerichtsmediziner Christian Reiter

    Gleich der erste Fall ist ungewöhnlich: Zwei Männer besuchten im Wiener Bermuda-Dreieck einen Freund, der an diesem Tag als Aushilfskellner tätig war. Bevor das Duo nach Hause gehen wollte, lud der Freund sie noch auf ein Stamperl Schnaps ein. Eine Flasche Marken-Gin stand griffbereit in der Nähe. Die beiden Gäste tranken jeweils ein Stamperl, bereits nach wenigen Minuten ging es den Männern schlecht: "Es wurde ihnen schwindelig, sie mussten erbrechen, einer brach sogar zusammen", berichtet Reiter. 

    Das Opfer, das nur zwei Bier getrunken hatte, kam ins Krankenhaus. Doch trotz schneller Blut- und Harntests konnte keine bestimmte Substanz nachgewiesen werden. Das Spital erstattete Anzeige, die Polizei stellte die Gin-Flasche aus dem Lokal sicher. Eine Untersuchung ergab darin eine große Menge Liquid Ecstasy. "Es stellte sich heraus, dass der Hauptkellner die Flasche 'bereit gestellt' hatte, um potentielle Opfer zu betäuben. Er wurde verurteilt", so Reiter im Podcast.

    Frauen im Schanigarten vergiftet, Verfahren eingestellt

    Doch oft kommen Täter auch davon: Etwa wie in jenem Fall zweier Frauen, die in einem Wiener Außenbezirk in einem Schanigarten reichlich Spritzer und Frizzante konsumierten. Eine Gruppe Männer gesellte sich zu ihnen, darunter ein dicklicher Mann mit Glatze, der auffällig gehemmt war und irgendwie nicht in die Gruppe zu passen schien: "Eine der Frauen ging auf die Toilette, ließ ihr Getränk stehen. Wenig später ging es beiden sehr schlecht, sie mussten sich mehrmals übergeben", erzählt der Gerichtsmediziner.

    Die Frauen schafften es irgendwie nach Hause, am nächsten Tag lag der Verdacht nahe, dass es sich um K.o.-Tropfen handeln könnte. Also suchten die Wienerinnen ein Krankenhaus auf. Dort wurde im Zentrallabor ein Alkoholspiegel von 2,5 Promille und eine geringe Menge an Amphetaminen festgestellt: "Es gab also den Verdacht, dass die Frauen vergiftet wurden, aber keinen Beweis. Das Verfahren gegen den Verdächtigen wurde daher eingestellt", erklärt Reiter.

    "Das große Problem ist, dass die Blut- und Harn-Analysen meist unzureichend sind, und es daher keine Verurteilungen gibt. Denn die im Krankenhaus gesicherten Proben sind für einen Prozess nicht aussagekräftig genug" – Christian Reiter

    Kein Einzelfall, wie Reiter, der auch als Sachverständiger bei Gerichtsverfahren tätig ist, berichtet: "Das große Problem ist, dass die Blut- und Harn-Analysen meist unzureichend sind, und es daher keine Verurteilungen gibt. Denn die im Krankenhaus gesicherten Proben sind für einen Prozess nicht aussagekräftig genug. Die Proben müssen unbedingt in einem forensisch-toxikologischen Labor untersucht werden. Am besten ist es, Blut und Harn gleich abzunehmen, in den Eiskasten zu stellen und der Polizei dann zur Weiterleitung für ein solches Speziallabor mitzugeben", rät Reiter.

    Schon ein Gramm bzw. ein Milliliter der K.o.-Tropfen kann zu Vergiftungserscheinungen führen, bei zwei Milliliter kann das Opfer bereits bewusstlos werden. Eine Überdosis kann – wie im Fall Leonie – zu einer Atemlähmung und sogar zum Tod führen, warnt Reiter.

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      Die Wienweite Kampagne soll zu K.O.-Tropfen informieren.&nbsp;
      Die Wienweite Kampagne soll zu K.O.-Tropfen informieren.
      Denise Auer

      Zwei Mädchen auf Yacht missbraucht

      K.o.-Tropfen können zudem bereits nach zwölf Stunden chemisch nicht mehr nachgewiesen werden – im Gegensatz zu Benzodiazepinen, die im Körper nur langsam abgebaut wurden, wie ein Fall zeigt. Laut Reiter lud ein betuchter Herr zwei Töchter eines Freundes zu einer Bootsfahrt auf der Donau ein. Von einem Yachthafen in der Nähe von Wien aus ging es in die Lobau.

      Dort bot er den Mädchen dann ein Glas Sekt an. Beide wurden bewusstlos, als sie wieder erwachten, konnten sie sich an nichts mehr erinnern: "Sie erkannten aber, dass sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen worden waren. Im Blut wurden dann Benzodiazepine nachgewiesen. Die Beweiskette wurde damit geschlossen, der Mann verurteilt", so Reiter.