Zeugin des Jacht-Untergangs macht alle sprachlos

Aufnahmen einer weiteren Überwachungskamera und eine neue Zeugenaussage könnten bei den Ermittlungen um den Untergang der Bayesian eine relevante Rolle spielen. Das neue Video stammt aus der Werft am Hafen von Porticello, der dem Ankerplatz der Superjacht am nächsten liegt. Die Aufnahmen wurden bereits von der italienischen Küstenwache beschlagnahmt.

"Ich habe das Video noch nicht gesehen, aber es ist auf jeden Fall interessant, weil es diesen Meeresabschnitt einfängt", sagt Rosalia Orlando, die Besitzerin der Werft, im Interview mit "Corriere della Sera". Orlando hat beschlossen, ermutigt von einigen ihrer Kunden, über die Unglücksnacht zu sprechen. Ihre Aussage ist äußert wertvoll: Rosalia Orlando ist die einzige Augenzeugin der Tragödie.

Küstenwache ignorierte Rosalias Warnung

Die Frau hatte die Bayesian seit der Nacht zuvor beobachtet. "Niemand hat bislang an einem Ort geankert, der so exponiert ist", soll die Werft-Besitzerin in dem Moment einem Mitarbeiter der Küstenwache gesagt haben. Dieser antwortete: "Rosalia, du entscheidest nicht, wo jemand ankern soll."

Mitten in der Nacht kehrte sie zur Werft zurück, "um den Tanker zu beladen, das mache ich jeden zweiten Tag", erklärt sie weiter. Es habe bereits am Nachmittag in Strömen geregnet. "Ich ging zum Pier, um mir das Segelboot anzusehen, weil es liegengeblieben war, statt die Kette loszulassen und den Motor einzuschalten."

Segel gesetzt? Bei einem solchen Sturm?

"Ich habe mit eigenen Augen gesehen, was passiert ist. Das Schiff bewegte sich und schwankte, als würde es zittern, vielleicht ruckte der Anker und wurde über den Grund gezogen", meint Orlando. "Ich sah auch einige Segel flattern. Dann fiel der Mast auf die Seite."

Der Journalist der "Corriere" fragt nochmal nach. Hatte Orlando tatsächlich "Segel" gesagt. Waren die Segel gesetzt? Bei einem solchen Sturm? Die anderen anwesenden Personen bestätigen die Aussage. "Rosalia weiß, was sie sagt", heißt es.

Kapitän verlässt Italien in Privatjet

Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft am Freitag mitgeteilt, dass sie gegen zwei weitere Mitglieder der Besatzung der ermitteln werde. Gegen James Cutfield, den neuseeländischen Kapitän der Jacht, wurde bereits ein Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher fahrlässiger Tötung und schuldhafter Herbeiführung einer Havarie eingeleitet.

Cutfield befindet sich auf freiem Fuß. Er soll nach Angaben der italienischen Zeitung das Hotel auf Sizilien verlassen haben, in dem er seit dem Tag des Schiffbruchs wohnte. Auch die anderen Besatzungsmitglieder reisten mit ihm ab. Mit Krücken und in Begleitung seiner Frau Cristina verließ Cutfield Italien mit einem Privatflug, um an seinen Wohnort in Mallorca zurückzukehren. Dort werde er auf die Resultate der Autopsien warten.