Welt
Wladimir Putin überrascht mit Verrat-Ansage im TV
Montagnacht meldete sich Wladimir Putin überraschend mit einer TV-Ansage zum Wagner-Aufstand aus dem Kreml zu Wort.
Um Punkt 22.10 Uhr trat der russische Präsident Wladimir Putin Montagnacht vor die Fernsehkameras. Vor versammelter Nation und den internationalen Beobachtern machte er eine klare Ansage zum Wagner-Aufstand, der sein Land am Wochenende in Aufruhr versetzt hatte.
In der nur wenigen Minuten dauernden Ansprache versuchte der Kreml-Despot, Stärke zu zeigen. Der bewaffnete Aufstand wäre, so er angedauert hätte, mit aller Macht niedergeschlagen worden. Parteien, Behörden und Institutionen wie die Kirche hätten sich klar hinter die "verfassungsmäßige Ordnung" und damit hinter seine Person gestellt: "Die Solidarität unserer Gesellschaft hat gezeigt, dass Erpressung und der Versuch, innere Unruhen anzuzetteln, zum Scheiten verurteilt ist."
Ganz klar betonte er auch den Verrat durch Jewgeni Prigoschin. Die Organisatoren der Rebellion hätten, nachdem sie das Land verlassen hatten, ihre eigenen Mitstreiter verraten, wird Putin durch die Nachrichtenagentur RIA zitiert. Er versuchte weiter eine Brücke zu schlagen: "Die überwiegende Mehrheit der Wagner-Kämpfer sind Patrioten des Vaterlandes und im Dunkeln gelassen worden".
Dabei bedankte sich der Präsident sogar bei allen Wagner-Söldnern, die ihren Marsch auf Moskau gestoppt hatten und "kein Blutvergießen begangen" hatten – und auch den eigenen getöteten Piloten. Denn ganz ohne Opfer war der Aufstand aber nicht abgelaufen, nachdem es zu Auseinandersetzungen zwischen Luftwaffe und den vorrückenden Kämpfern gekommen war.
Ebenso wohlwollende Worte fand Putin in seiner kurzen Ansprache auch für den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, der mit seiner Zustimmung einen Geheim-Deal mit Prigoschin ausgehandelt hatte. Dieser sieht vor, dass der Wagner-Chef nach Belarus ins Exil gehen soll. Dazu werden er und alle am Aufstand beteiligten Söldner nicht strafrechtlich verfolgt.
Letzteren streckte Putin noch einmal die Hand entgegen: Alle Kämpfer seien eingeladen, einen neuen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium zu unterschreiben. Wer ablehnt, solle entweder nach Hause zurück oder nach Belarus gehen. Es ist das erste Mal, dass dieses Versprechen aus dem Mund Putins selbst zu hören ist.
Genau dieser Punkt gilt weithin als einer der Auslöser der Krise. Der Kreml hatte offenbar von den ständigen öffentlich ausgetragenen Fehden zwischen Wagner-Boss Prigoschin und dessen Intimfeind Verteidigungsminister Sergei Schoigu die Schnauze voll.
"Putins Koch", wie Prigoschin früher genannt wurde, hatte der Armeeführung immer wieder in übelsten Worten Korruption, absichtliches Zurückhalten von Munitionsnachschub und sogar Beschuss aus den eigenen Reihen vorgeworfen. Wohl, um wieder mehr Kontrolle zu haben über die wachsenden Söldner-Truppen – es gibt inzwischen viele in Russland – sollten diese dem Verteidigungsministerium unterstellt werden.
Gemeinhin wird angenommen, dass Prigoschin unter anderem auch aus Furcht vor diesem völligen Kontrollverlust mit Ende Juni diesen Blitz-Aufstand angezettelt hatte.