Coronavirus
Wirbel um "Entgiftung" nach der Corona-Impfung
Ein unter Impfgegnerinnen und -gegnern geteilter Artikel warnt, dass man nach einer Corona-Erkrankung oder -Impfung den Körper "entgiften" müsse.
Konkret macht die Warnung die Runde, dass nach Infektion oder Impfung "gefährliche Spike-Proteine" im Körper zirkulieren würden. Sie können Zellen, Gewebe und Organe schädigen, wird behauptet. Deshalb müsse man den Körper "entgiften". Doch das stimmt nicht. Spike-Proteine sind Stacheln, mit denen das Coronavirus Sars-CoV-2 an menschliche Zellen andockt und sie infiziert. Die mRNA-Impfstoffe bringen Muskelzellen dazu, Kopien der Spike-Proteine – ohne weitere Virusbestandteile – zu produzieren.
Die infolge der Impfung produzierten Spike-Proteine werden dann vom Immunsystem erkannt, das daraufhin Antikörper und T-Zellen bildet. Die so entstandenen Spike-Proteine bleiben aber in den Muskelzellen, in die sie injiziert wurden. "Wir haben nach der Impfung kein freies Spike-Protein, das durch den Körper mäandert und unsere Gefäße zerstört", erklärte Annette Beck-Sickinger, Leiterin der Forschungsgruppe Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig, der Nachrichtenagentur AFP.
"Ausleitung"-Empfehlungen sind unwirksam
Der Dortmunder Immunologe Carsten Watzl sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es ist kein lösliches Protein, es schwimmt also nicht in großen Mengen im Organismus herum." Im Körper verbleibt es nur so lange wie andere vom Körper gebildete Proteine. Die genaue Dauer ist nicht bekannt, wird aber auf wenige Wochen geschätzt, wie die US-Organisation Infectious Diseases Society of America und die US-Seuchenschutzbehörde CDC schreiben. Der Abbau geschieht ganz natürlich durch Zellerneuerung oder eine Interaktion mit Immunzellen.
Zur Ausleitung sind Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel also weder nötig noch wirksam. Auch bei einer Covid-19-Infektion nützen und helfen sie nichts, wie die Konsumentenschützerinnen und -schützer der deutschen Verbraucherzentralen schreiben. Demnach gebe es noch keine verlässliche Studie, die eine schützende Wirkung von bestimmten Pflanzen, Vitaminen oder Mineralstoffen gegen das Virus beweisen würde.
Auch Ivermectin taucht wieder auf
Der Artikel sollte spätestens dann in Zweifel gezogen werden, wenn zur "Entgiftung" auch Hydroxychloroquin und Ivermectin empfohlen werden. Ersteres ist ein unter anderem von Donald Trump angepriesenes Malariamittel, das erwiesenermaßen nicht gegen das Coronavirus wirkt, jedoch zu Herzrhythmusstörungen und Augenkrankheiten führen kann. Ivermectin, ein Entwurmungsmittel für Haus- und Nutztiere, ist bei Corona-Erkrankungen nicht nur nutzlos, sondern auch gefährlich und kann bei hoher Dosierung toxisch wirken. Der Hersteller Merck Sharp & Dohme (MSD) selbst warnt vor der Anwendung bei Menschen.
Die im Artikel genannten Ratschläge sollen von einem sogenannten "World Council of Health" stammen. Zwar gibt es ein gleichnamiges Gremium innerhalb der WHO, doch damit hat dieser "Weltgesundheitsrat" nichts zu tun, wie die DPA schreibt.