Fashion and Beauty
"Wir frieren": Chanel-Zulieferer-Mitarbeiter packen aus
Milliarden-Marke Chanel floriert trotz Krise – Dank ihrer gefragten Produkte. Doch die Welt hinter dem Vorhang sieht anders aus.
"Chanel: Luxustaschen, hergestellt in Kälte, Stille und Verachtung", ist die Übersetzung der Artikel-Headline des französischen Investigativ-Portals "Mediapart" (nur mit Abo abrufbar, Anm.). Es handelt sich allerdings nicht etwa über die Zustände in einem Land, wie Bangladesch oder Indien, aus dem man diese Berichte kennt.
"Mediapart"-Redakteur Victor Fieber berichtet über ein Unternehmen namens 'La Fabrique Andegave' mit Sitz in Maine-et-Loire. Dreieinhalb Autostunden von der glitzernden Modestadt Paris entfernt, produziert das Unternehmen Taschen für Chanel, welche zu den begehrtesten Luxusgütern der Welt zählen.
"Made in France": Sweatshop?
Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter erzählten dem Journalisten von einem tristen Arbeitsalltag. Die Bezahlung liege – wie könnte man es anders erwarten – nicht über dem Mindestlohn. Auch von Gesprächs- und Bewegungsverboten, erfrorenen Händen im Winter und der Angst vor Entlassungen ist die Rede, wenngleich viele bereits nach kurzer Zeit den Betrieb verlassen.
Um staatliche und lokale Förderungen zu erhalten, bilde das Unternehmen Menschen aus, doch diese dürfen auch nicht mit anderen Kollegen reden. Nur mit ihrem Ausbildner.
Auch die anderen Mitarbeiter sprechen von unglaublichen Bedingungen: "Wir haben nicht das Recht, einen Kollegen ohne Genehmigung aufzusuchen, auch wenn es sich um eine berufliche Angelegenheit handelt", so eine Mitarbeiterin, die nicht genannt werden möchte.
Arbeitsbedingungen laut Chef "normal"
Fabrik-Boss Jean-Yves Chatillon bezog zu den Vorwürfen sogar Stellung, die er (laut Artikel) auch nicht zu entkräften versucht. Nur den Vorwurf des Frierens lässt er nicht auf sich sitzen, habe es doch – laut seinen Aussagen – 18 Grad in den Räumen. "Ich denke, sie müssen in die Ukraine gehen, um zu sehen, was Kälte ist."
Auch die steigenden Umsatzzahlen und die enorme Nachfrage nach Chanel-Taschen ist ihm bewusst ("Sie brauchen uns, wie wir sie brauchen.") Erfahrung mit dem Geschäft hat er. Seit mehr als 20 Jahren leitet er noch ein anderes Subunternehmen in der Gegend, das Taschen für den Luxus-Konzern produziert.
2021 machte Chanel über 15 Milliarden Euro Umsatz. 2022 war trotz Ukraine-Krise und Abwanderung der Boutiquen aus Russland ein Rekordjahr für die Marke.