Genetik
Wiener Studie könnte erblichen Brustkrebs verhindern
Christian Singer von der MedUni Wien forscht in einer neuen Studie daran, den Brustkrebs-Ausbruch bei genetischen Risikopatientinnen zu verhindern.
Brustkrebs ist in Österreich die häufigste Krebsdiagnose bei Frauen. Dabei trifft es sowohl Jüngere als Ältere. Obwohl die Heilungschancen bzw. Langzeitüberlebensraten mittlerweile immer besser werden, sollte die jährliche Vorsorge nicht vernachlässigt werden – vor allem, wenn es eine genetische Vorbelastung gibt. "Hier werden zunehmend neue Strategien in Früherkennung und sogar für eine Prävention diskutiert", erklärte der Wiener Experte Christian Singer der MedUni Wien aus Anlass der bevorstehenden Internationalen St. Gallen Brustkrebskonferenz im März in Wien.
10 bis 15 Prozent der Fälle genetisch bedingt
Mit der Entdeckung der BRCA1- und BRCA2-Genmutationen, die mit einem hohen und sehr frühen Risiko für Brust- und/oder Eierstockkrebs verbunden sind, wurde enorm viel gewonnen. So kann heute bei Verdacht auf diese Mutationen getestet werden und frühzeitig Maßnahmen getroffen werden, um den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. In Österreich gibt es flächendeckend hundert Brustgen-Beratungsstellen, an die sich Frauen wenden können.
"Wir wissen heute, dass etwa 5 bis 7 Prozent der Mammakarzinom-Erkrankungen durch BRCA1 bzw. BRCA2 verursacht werden. Das ist ein erbliches Risiko. Aber wir schätzen gleichzeitig, dass insgesamt 10 bis 15 Prozent der Brustkrebserkrankungen familiär gehäuft auftreten." Hier dürften verschiedene vererbbare und in manchen Familien vermehrt auffindbare genetische Faktoren eine Rolle spielen, deren Ursächlichkeit für die Krebserkrankung nicht so eindeutig definiert werden kann. "Wichtig wäre es, dass Frauen vor allem hellhörig bei Brustkrebsfällen in ihrem familiären Umfeld sind", so der Experte für Brusterkrankungen und Frauenheilkunde.
Engmaschige Überwachung, Operation
Besteht ein genetisch erhöhtes Erkrankungsrisiko, werden derzeit mehrere Strategien angeboten. "Erstens eine besonders engmaschige Überwachung, um ein allfälligerweise entstehendes Karzinom möglichst frühzeitig zu entdecken. Hier erfolgt am besten eine jährliche Screening-Untersuchung per Magnetresonanztomografie (MRT)."
Zweitens, die chirurgische Entfernung des Brustgewebes. Die US-Schauspielerin Angelina Jolie unterzog sich 2013 wegen genetischer Vorbelastung einem solchen Eingriff. Ihre Mutter, ihre Großmutter und eine Tante waren deswegen an Brustkrebs erkrankt und gestorben.
Für diesen Schritt würden Frauen sich oft schon früh entscheiden. Anders bei der chirurgischen Entfernung der Eierstöcke und der Eileiter, um genetisch bedingten Eierstockkrebs zu vermeiden. "Dazu entschließen sich Frauen oft ab dem 40. Lebensjahr. Oft erst, wenn die persönliche Familienplanung abgeschlossen ist".
Neue Studie zur Brustkrebsprävention mit Medikamenten
Unter den Experten wird auch zunehmend eine medikamentöse Prävention bei Personen mit hohem Erkrankungsrisiko diskutiert. Eine neue Studie von Singer könnte hier jedoch völliges Neuland betreten. Mit einem monoklonalen Antikörper namens Denosumab, der seit Jahren in der Behandlung von krankhaftem Knochenabbau (Osteoporose) eingesetzt wird, soll die Entstehung von Brustkrebs verhindert werden.
"Es handelt sich um die ABCSG-Studie 50, auch BRCA-P genannt. Es ist eine randomisierte (Zuteilung der Patientinnen zu Vergleichsgruppen nach Zufallsprinzip; Anm.), doppelblinde und Placebo-kontrollierte internationale Untersuchung der Phase III. Teilnehmen werden rund 350 Patientinnen, die eine BRCA1-Mutation aufweisen, was ein hohes Risiko für ein früh auftretendes Mammakarzinom bedeutet. Sie erhalten fünf Jahre lang das Medikament Denosumab. Danach folgt eine fünf Jahre dauernde Beobachtungsphase. Dann soll sich zeigen, ob Denosumab die Entstehung von Brustkrebs verhindern kann."
Vor einigen Jahren konnte bereits bewiesen werden, dass das Medikament bei Frauen mit Brustkrebs eine vor Rückfällen schützende Wirkung aufweist. "Jetzt geht es um die mögliche Primärprävention von Brustkrebs bei 25- bis 55-jährigen Frauen mit hohem Erkrankungsrisiko."
Auf den Punkt gebracht
- Brustkrebs ist die häufigste Krebsdiagnose bei Frauen in Österreich, wobei genetische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen.
- Der Wiener Experte Christian Singer forscht an neuen Strategien zur Früherkennung und Prävention, darunter eine Studie zur medikamentösen Prävention mit dem monoklonalen Antikörper Denosumab, der das Risiko für Brustkrebs bei Frauen mit BRCA1-Mutation senken soll.