Lieber im Sozialmarkt

Wiener ist Kleidung sogar im Secondhand-Shop zu teuer

Otto M. (70) lebt von der Mindestpension und kauft Kleidung nur mehr aus der Flohmarkt-Ecke im Sozialmarkt. Anderes kann er sich nicht leisten.

Wien Heute
Wiener ist Kleidung sogar im Secondhand-Shop zu teuer
Otto M. (70) kauft Gebraucht-Kleidung im Sozialmarkt, nicht im Secondhand-Shop.
Helmut Graf

In den SOMA (Sozialmarkt) in Wien-Neubau kommen mittlerweile Personen aus unterschiedlichsten Schichten – Studenten, Alleinerzieher, Pensionisten, aber auch ehemals Selbstständige, die in Privatkonkurs gehen mussten. Sie alle eint ein geringes Einkommen.

Aktuell verzeichnet der Markt über 8.800 Kunden. Diese Zahl hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre verdoppelt. 2022 waren es noch 3.900 Einkäufer. Zu kaufen gibt es im Sozialmarkt Nahrungsmittel für den täglichen Bedarf, aber auch Kleidung. Letzteres ist für Otto M. (Name geändert) ein wichtiger Grund zu kommen.

SOMA-Kleider leistbarer als viele Gebrauchtkleider-Angebote

Der 70-Jährige lebt von 1.000 Euro Mindestpension. Ungefähr die Hälfte seines Einkommens geht für die Miete drauf. Insgesamt bleiben ihm 400 Euro zum Leben. Seit vielen Jahren kauft er Lebensmittel, aber auch Bekleidung im Sozialmarkt in Wien-Neubau. In "normale" Geschäfte geht er nicht mehr – nicht einmal in Secondhand-Shops. Denn diese seien kaum mehr leistbar.

Vor der Corona-Pandemie verglich Otto M. noch Angebote aus dem normalen Handel. Aber jetzt hat der 70-Jährige weder Zeit noch Energie, um danach zu suchen. "Hier kaufe ich Essen und die Kleidung und bin noch immer unter 20 Euro", erklärt der SOMA-Einkäufer.

Hier kaufe ich Essen und die Kleidung und bin noch immer unter 20 Euro
Otto M. (70)
kauft Kleidung im Sozialmarkt

"Die Kleidung mache ich neu, in dem ich sie entfärbe. Weil wenn der Kragen dunkel ist, sieht man, dass es gebrauchte Kleidung ist", erzählt der Pensionist weiter. Die Sachen aus der Flohmarkt-Ecke im SOMA 7 seien schön. Außerdem bekomme er hier das Essen, das er brauche. Der Pensionist leidet an Diabetes und benötigt daher zuckerfreie Nahrungsmittel, wie beispielsweise bestimmte Sojanahrung statt Milchprodukte. "Leider ist das gerade modern und deswegen teuer", meint er.

Vintage-Trend treibt Preise für Gebrauchtkleider

Tatsächlich stellt man auch in den Carla-Shops der Caritas fest, dass immer mehr Leute gebrauchte Kleidung kaufen. Zum Einen gibt es die "Sammler", die ausgewählte Stücke suchen und oftmals bereit sind "teure" Preise für Secondhand-Ware zu zahlen. Das seien eher junge, modebewusste Personen, wie der Carla-Sachspendenbeauftragte Oliver Türkoglu erklärt. Gerade in Neubau gibt es viele solcher Vintage-Boutiquen, die ein solches Publikum bedienen.

Viele kaufen im Sozialmarkt statt im 2nd Hand Shop

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    Den Sozialmarkt SOMA7 vom Wiener Hilfswerk suchen immer mehr Menschen auf.
    Den Sozialmarkt SOMA7 vom Wiener Hilfswerk suchen immer mehr Menschen auf.
    Helmut Graf

    Zum Anderen gibt es auch eine immer größer werdende Menge an Menschen, die tatsächlich auf kostengünstige Kleidung angewiesen sind. Diese Menschen suchen nach neuwertiger Kleidung und sind auf kostengünstige Preise angewiesen. "Sie wollen nicht mit dem Stigma – sich nichts leisten zu können – in Verbindung gebracht werden", sagt Türkoglu. Solche Personen können mit der Carla-Karte wesentlich günstiger Kleidung erstehen.

    Neben der Bekleidung kommen auch viele Kunden aufgrund der Lebensmittel in den Sozialmarkt. Gerade werden im SOMA 7 dringend Warenspenden gebraucht. "Das Einkaufen ist für die Kunden wie eine Kinderüberraschung. Die Leute kommen mit einer Liste, aber kaufen, was es heute gibt", berichtet SOMA7-Filialleiter Bernardo Radosavljevic. Den größten Bedarf gibt es immer noch bei Hygieneartikeln und Nahrungsmitteln. Warenspenden werden von Alfred Malek vom "Wiener Hilfswerk" angenommen.

    Auf den Punkt gebracht

    • Otto M., ein 70-jähriger Pensionist, lebt von der Mindestpension und kauft seine Kleidung und Lebensmittel ausschließlich im Sozialmarkt (SOMA) in Wien-Neubau, da er sich weder normale Geschäfte noch Second-Hand-Läden leisten kann
    • Der Sozialmarkt bietet ihm nicht nur günstige Kleidung, die er durch Entfärben aufwertet, sondern auch die notwendigen zuckerfreien Nahrungsmittel für seine Diabetes-Erkrankung
    red
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