Österreich

Wien auf der "Roten Liste": Das sind die Folgen

Die UNESCO hat beschlossen, Wiens City auf die Liste der bedrohten Kulturgüter zu setzen. "Heute" hat nachgefragt, was das bedeutet.

Heute Redaktion
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    Visualisierung des Projekts Heumarkt neu
    Visualisierung des Projekts Heumarkt neu
    (Bild: WertInvest)

    Die Würfel sind gefallen: Wenig überraschend hat das UNESCO-Welterbe-Komitee heute, Donnerstag, Wiens City auf die "Rote Liste" setzen lassen. Grund ist das umstrittene Projekt am Heumarkt, das einen 66 Meter hohen Turm vorsieht. Die UNESCO sieht damit das Welterbe in Gefahr und pocht auf die Maximalhöhe von 43 Metern.

    Die Stadt hat jetzt bis 1. Februar 2018 Zeit, dem Welterbe-Komitee eine Überarbeitung der Pläne sowie eine Adaptierung der Planungsinstrumente vorzulegen. Sollte dies nicht geschehen – was ziemlich wahrscheinlich ist – "könnte Wien 2018 der Welterbe-Status aberkannt werden", meint Gabriele Eschig, Generalsekretärin der österreichischen UNESCO-Kommission. "Die UNESCO will natürlich keine Welterbe-Stätte verlieren, aber der jetzige Beschluss des Komitees ist ein Warnschuss für Wien", so Eschig.

    Auch Pufferzone muss beachtet werden

    Auch der Beschluss des Gemeinderates, dass es keine weiteren Hochhäuser in der Inneren Stadt geben wird, geht Eschig nicht weit genug: "Erstens geht die Kern-Schutzzone an manchen Stellen über den 1. Bezirk hinaus. Zweitens genügt es nicht, dass nur in der Kernzone keine Hochhäuser errichtet werden. Auch die Pufferzone muss eingebunden sein", meint die Generalsekretärin. Die besagte Pufferzone reicht teilweise weit in andere Bezirke hinein: So sind etwa Teile des 4. bis 9. Bezirkes betroffen: "Die Pufferzone geht etwa vom Stadtpark über das Belvedere bis zum Hauptbahnhof", erklärt Eschig.

    Angesprochen auf die Folgen, falls Wien seinen Welterbe-Status tatsächlich verlieren sollte, meint sie: "Das wäre eine Blamage und eine Bankrott-Erklärung für den Ensemble-Schutz." Gefahr für den Tourismus – vor allem den Massen-Tourismus – sieht Eschig zwar keine, aber: "Dann sind die letzten Schranken gefallen, um jedem Investor zu erlauben, was er will."

    Keine Auswirkungen auf Tourismus

    Keine Auswirkungen auf den Tourismus ortet auch Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Wien: „Es ist bedauerlich, dass die UNESCO Wien auf die 'Rote Liste' gesetzt hat. Das wird aber nichts daran ändern, dass die Menschen auf der ganzen Welt unsere Stadt lieben. Wien ist seit Jahren ein Touristenmagnet und verzeichnete 2016 schon mehr als 15 Millionen Gäste-Nächtigungen – Tendenz steigend. Liste hin oder her: Die Menschen kommen zu uns auf Besuch, weil Wien Weltstadt ist und sehr viel zu bieten hat."

    Architekt Hueber: "Große internationale Schande"

    Dass Wien – vor allem architektonisch – viel zu bieten hat, weiß auch Friedmund Hueber, Architekt und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege (ÖGDO). Die Entscheidung der UNESCO, Wien auf die "Rote Liste" zu setzen, ist für ihn "eine große internationale Schande und ein Vertragsbruch, die die Stadt und die Republik mit der UNESCO begehen."

    Laut Hueber wäre es möglich, niedriger zu bauen und trotzdem das Gesamt-Volumen des Vorhabens zu behalten: "Man müsste dann einfach mehr in Richtung Lothringerstraße gehen. Dass nicht niedriger gebaut wird, ist natürlich auch eine Frage des Geldes: Denn für die Wohnungen, die über den Dächern der City liegen, kann man schon mindestens 20.000 Euro pro Quadratmeter verlangen. Für die weiter unter gelegenen aber nur 5.000 bis 6.000 Euro pro Quadratmeter."