Österreich
Wiederbetätigung: Ex-NVP-Mann verurteilt
Ein ehemaliger hochrangiger Funktionär der Nationalen Volkspartei (NVP) ist am Montag im Landesgericht Wels wegen Wiederbetätigung zu 15 Monaten Haft, drei davon unbedingt, verurteilt worden. Seine mitangeklagte Lebensgefährtin wurde freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Der 51-jährige Mann und seine 53-jährige Freundin sollen unter anderem eine Verwaltungsstrafe des Magistrats Wels nicht akzeptiert haben, weil die Behörde nicht durch das Deutsche Reich legitimiert sei. Der Mann soll ähnliches zudem schriftlich und mündlich vor dem Bezirksgericht vorgebracht haben.
"Steuern an das Deutsche Reich"
In dem Schriftsatz an das Magistrat hieß es laut Anklage, dass man nur der Gerichtsbarkeit des Deutschen Reiches unterstehe, das nie aufgehört habe zu existieren. Die österreichischen und deutschen Behörden seien "raumfremde und illegale Mächte". Ihre Vertreter müssten sich bei der Wiedererrichtung des Deutschen Reiches vor dem Volksgericht verantworten und könnten mit dem Tod bestraft werden. "Meine Reichszugehörigkeit ermächtigt mich, meine Steuern an das Deutsche Reich abzuführen", ist weiter zu lesen. Das Schreiben trug die Überschrift "Information Deutsches Reich" sowie die entsprechende Flagge und zitierte Hitler-"Nachfolger" Karl Dönitz.
Die Angeklagten waren zwar geständig, bekannten sich aber nicht schuldig. Ihre Verteidiger verlangten Freisprüche. Der Mann, der mit Halbglatze, dezenter Brille und biederer Kleidung optisch nicht gerade das Klischee eines Rechtsextremen erfüllt, referierte vor den Geschworenen lang und breit über sein Geschichtsverständnis. Der Staatsanwalt bescheinigte ihm in seinem Schlussplädoyer zwar großes historisches Wissen, das allerdings fehlgeleitet sei.
Mit-Angeklagte "nicht allzu intellektuell"
Der Verteidiger der Frau betonte, seine Mandantin sei nicht allzu intellektuell und habe die Schriftsätze nicht selbst verfasst. Sie habe sie nur unterschrieben und abgeschickt, weil sie eine Meldestrafe nicht bezahlen wollte. Auf die Frage des Vorsitzenden nach dem Grund des Einspruchs sagte sie, im Deutschen Reich habe es noch kein Meldegesetz gegeben. Als sie der Richter festnageln wollte, von welcher Zeitepoche sie spreche, geriet sie ins Stocken, blickte immer wieder zu ihrem Freund und verweigerte schließlich die weitere Aussage.
Die Geschworenen sahen bei der Frau den Tatbestand der Wiederbetätigung nicht erfüllt, bei ihrem Lebensgefährten aber sehr wohl. Sie fällten ihr Urteil einstimmig. Der Angeklagte nahm den Spruch an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Der Richter rechnete für die Strafzumessung das Tatsachengeständnis des Mannes als mildernd sowie, dass das Versenden von Schriftstücken an Ämter keine Gefahr darstelle. Auch eine Persönlichkeitsstörung wurde zugunsten des Angeklagten gewertet. Als erschwerend sah das Gericht, dass der 51-Jährige sein Verhalten nicht geändert hat und mehrere ähnliche Delikte zusammenkamen.