Tiere
Wie gehen andere Länder mit dem Wolf um?
Massaker bis Herdenschutz: Kurt Kotrschal zeigt, wie es Wölfen in Ländern wie Deutschland, der Schweiz oder Norwegen geht.
(Text von Kurt Kotrschal; Wolfsexperte, Verhaltensforscher und Biologe.)
Traurig: Vor einem Jahr gab es noch drei Wolfsrudel und ein paar Durchwanderer in Österreich, insgesamt etwa 25 Tiere. Im Moment lebt nur noch ein Rudel in Allentsteig. Alle anderen sind „verschwunden". Mal sehen, was die Zukunft bringt.
Aber wie geht es den Wölfen in anderen Ländern?
Deutschland: Viele Wölfe, Herdenschutz klappt dennoch immer besser
Im deutschen Bundesland Brandenburg ging trotz mehr Wölfen die Zahl der gerissenen Rinder und Schafe zurück. 2018 waren es noch rund 400 Weidetiere, 2019 „nur" noch etwa 300. Man führt dies auf einen verbesserten Herdenschutz zurück, der 2019 in Brandenburg mit fast einer Million Euro gefördert wurde.
Und das obwohl Brandenburg und Sachsen die Bundesländer mit der höchsten Wolfsdichte in Deutschland sind. Im Moment gibt es in Sachsen 22 Rudel, vier Paare und ein Einzeltier. Die meisten Territorien finden sich in der Lausitz, wo eine „gesättigte" Wolfspopulation lebt. Die einzelnen Territorien überlappen, die durchschnittliche Rudelgröße liegt bei 8 Tieren. Zwischen den Rudeln wird teils aggressiv konkurriert, der Nachwuchs wandert vor allem nach Westen und Süden aus. Es ist nicht zu erwarten, dass die Wolfsdichte in der Lausitz weiter steigen wird.
Schweiz: Volksabstimmung über den Schutz der Wölfe
Mittels einer Novelle des Schweizer Jagdgesetzes wollte man den Abschuss von Wölfen auch auf Verdacht ermöglichen. Das rief die Naturschutzorganisationen auf den Plan, die sich nicht nur um den Wolf Sorgen machen, sondern auch gelockerte Abschussmöglichkeiten für Luchs oder Biber befürchten.
Daher wurden fast 100.000 Unterschriften für eine Volksabstimmung gegen das neue Jagdgesetz gesammelt. Damit ist eine Volksabstimmung zwingend erforderlich. Man darf auf das Ergebnis gespannt sein.
Norwegen: Wolfsmassaker
In Skandinavien gibt es zwar viel, scheinbar unberührte Natur, aber auch eine teils eigenartige Gepflogenheiten. Obwohl weltweit die Wildtiere rasch aussterben, ordnete am Neujahrstag 2019 das Norwegische Ministerium für Klima und Umwelt den Gesamtabschuss eines Wolfsrudels im Gebiet von Letjenna an.
Tags darauf, knapp nach Mitternacht, kesselten Jäger mittels 17 Kilometer Lappenleine (an der alle ein bis zwei Meter ein Stoffstreifen hängt) das aus vier Tieren bestehende Rudel ein. Klassische „Lappenjagd" also, wilde Wölfe brechen da gewöhnlich nicht durch. Die Jäger wussten, wo sich die Wölfe befinden, da in Norwegen zumindest ein Tier pro Rudel mit einem Senderhalsband ausgestattet wird. Offenbar nicht für Forschungszwecke, sondern um die Wölfe einfach lokalisieren und töten zu können.
„Die Wölfe wurden 180 (!) Jägern vor ihre Flinten getrieben, gegen Mittag waren alle tot.“
Ich hoffe, das hat wenigstens den edlen Macho-Jägern gefallen. In Schweden und Norwegen tickt man eben anders; dort jagt man ja auch ganz massiv Bären und sogar die gefährdeten Luchse und Vielfraße, ja selbst Wale. Das sollte man wissen, bevor man die nächste Reise in diese Länder plant.