Skandinavischer Weltuntergang
Wie die "reale" Ragnarök zehntausende Menschen tötete
Eine Klimakatastrophe stürzte Skandinavien vor 1.500 Jahren in jahrelange Dunkelheit und tötete die Hälfte der Bevölkerung, so eine neue Studie.
Überflutungen, Erdbeben, entwurzelte Bäume, eingestürzte Berge: Die Ragnarök-Sage (altnordisch "Schicksal der Götter") über den Weltuntergang ist laut neuen Forschungen tatsächlich schon einmal wahr geworden – als frühmittelalterliche Klimakatastrophe.
Drei Jahre dauernder Winter
Im Glauben der Wikinger war die Ragnarök das Ende der Welt, bei dem die nordischen Götter in einem apokalyptischen Endkampf gegen Monster und Riesen sterben. Die Qualen von Ragnarök beginnen mit dem Fimbulvetr – einem drei Jahre dauernden Winter, der fast jedes menschliche Leben beendet.
Realer Hintergrund der Sage
Neue Forschungen des Dänischen Nationalmuseums ergaben nun, dass die nordischen Länder tatsächlich einen solch langen Winter erlebten – mit verheerenden Auswirkungen auf das menschliche Leben.
Durch die Analyse von Eichenbaumringen konnten die Wissenschaftler demnach nachweisen, dass um das Jahr 500 nach Christi eine "reale" Ragnarök in Form einer Klimakatastrophe stattgefunden hat.
Vulkanausbrüche als Ursache
Forscher Morten Fischer Mortensen sagte, die damalige Ragnarök sei das Ergebnis von Vulkanausbrüchen, die die Welt in Asche und Schwefel hüllten. "Es muss furchtbar gewesen sein. Die Vulkanausbrüche ereigneten sich weit weg von Europa. Niemand kannte die Ursache."
"Tageslicht warf keine Schatten"
"Aufgrund unserer Untersuchungen können wir sagen, dass mehrere Jahre lang schlechte Wachstumsbedingungen herrschten, was auch für die Ernten der Bauern gegolten haben muss." Wenn die Ernte mehrere Jahre hintereinander ausfiel, müsse das "wirklich kritisch" gewesen sein.
"Selbst mitten am Tag warf das Licht keine Schatten, und über ein Jahr lang konnte man keine Sterne am Himmel sehen", so Mortensen.
Leid, Tod und Unglück
"Mir läuft es fast kalt den Rücken runter, wenn ich diese kleinen, schmalen Jahresringe der Bäume sehe, weil ich weiß, wie viel Leid, Tod und Unglück sie repräsentieren", so Mortensen. Deshalb sei die Ähnlichkeit mit dem schrecklichen Fimbulwinter aus der Ragnarök-Sage möglicherweise kein Zufall.
Klimakatastrophe und Mythos
"Es ist bemerkenswert, dass die Eichen genau drei Sommer hintereinander praktisch kein Sommerwachstum aufweisen", so der Däne. Er erinnert an die Sage: Der Mythos von Ragnarök beginnt mit einem dreijährigen Winter ohne Sommer dazwischen.
Erlebtes in Sage eingeflossen
"Natürlich können wir keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Klimaereignis und dem Mythos beweisen, aber es gibt eine starke Korrelation." Daher sei es denkbar, dass "Erlebtes in die Mythen eingeflossen" sei und somit ein "Echo früherer Erfahrungen" darstelle.
Hungersnot und Krankheiten
"Viele Siedlungen hörten auf zu existieren, und man kann sich vorstellen, dass Hunger, Hungersnot und Krankheiten einem großen Teil der Bevölkerung das Leben kosteten." Die Forscher gehen davon aus, dass auf den Gebieten des heutigen Norwegens und Schwedens bis zur Hälfte der Bevölkerung an der Klimakrise starb.
Globale Katastrophe
Die Katastrophe vor 1.500 Jahren blieb nicht auf die nordische Welt beschränkt – Klimamodelle zeigen einen globalen Temperaturrückgang. Schriftliche Quellen aus dem Römischen Reich, der Arabischen Halbinsel und aus China zeugen von dieser Klimakrise.
Auf den Punkt gebracht
- Eine neue Studie des Dänischen Nationalmuseums zeigt, dass Skandinavien vor etwa 1.500 Jahren eine Klimakatastrophe erlebte, die der Ragnarök-Sage der Wikinger ähnelt und die Hälfte der Bevölkerung tötete
- Vulkanausbrüche führten zu einem dreijährigen Winter, der verheerende Auswirkungen auf Ernten und menschliches Leben hatte, und es gibt Hinweise darauf, dass diese realen Ereignisse in die Mythen eingeflossen sind