Tiere
Wie bekommt man eine Giraffe auf die Waage?
Tierpflegerin Irene Greter zeigt euch heute, wie sie mit den noch jungen Giraffen im Tiergarten Schönbrunn trainiert. Zum Beispiel zum Abwiegen.
(Tagebucheintrag von Irene Greter, Tierpflegerin im Tiergarten Schönbrunn)
Giraffen-Training
Die Vorrichtung für unser Giraffen-Training sowie für Tierarztuntersuchungen heißt Tamer. Es handelt sich dabei um einen Trainingsstand. Den Tamer haben wir seit der Eröffnung des neuen Giraffenparks im Jahr 2017. Unsere drei Netzgiraffen Fleur, Sofie und Obi, die alle drei nicht bei uns geboren wurden, kannten den Tamer davor genauso wenig wie wir, das heißt wir mussten alle erst einmal lernen, damit umzugehen.
„Wir setzen positive Verstärkung als Trainingsmethode ein.“
Das bedeutet, dass die Giraffen für erwünschtes Verhalten belohnt werden, unerwünschtes Verhalten wird ignoriert und hat keine Konsequenz. Weit verbreitet ist ein derartiger Trainingsstand in europäischen Zoos noch nicht. In Amerika ist er zwar sehr bekannt, aber in Europa waren wir, glaube ich, erst der dritte oder vierte Zoo, wo ein Tamer eingebaut wurde. Mittlerweile wird der Tamer beim Neubau vieler Giraffenhäuser Standard.
Giraffen in 3D
Wir können mithilfe des Trainingsstands in verschiedenen Höhen und an unterschiedlichen Körperbereichen unserer Giraffen arbeiten – sowohl auf Kopf- als auch auf Fußhöhe. Es gibt viele Klappen am Tamer, die man öffnen kann, um die Tiere zu begutachten und um mit ihnen zu arbeiten. Der Tamer bringt uns einerseits näher an die Tiere heran und andererseits sind wir durch Barrieren vor den Tieren geschützt. Giraffen sind schreckhafte Fluchttiere, die dem Menschen auch gefährlich werden können. Sie werden daher im geschützten Kontakt gepflegt.
Der Trainingsstand hat am Boden eine integrierte Waage. So können wir regelmäßig das Gewicht der Giraffen kontrollieren. Da unsere Tiere noch jung und damit im Wachstum sind, ist das momentan eine sehr wichtige Kontrolle, ob wir sie mehr oder weniger füttern sollen.
Mit dem Trainingsstand gibt es einfach mehr Möglichkeiten, mit dem Tier zu arbeiten, als früher. Im alten Giraffenhaus hatten wir nur die Möglichkeit, von vorn Kontakt mit dem Tier zu haben. Mit dem Tamer können wir nun rundherum, von allen Seiten, mit und an den Giraffen arbeiten. Wir können die Füße und den Bauch anschauen, wir können ihnen auf Kopfhöhe begegnen. Dabei können wir sie berühren. Zurzeit tun wir das nur mit der Hand im Kopf- und Hals-Bereich – das Ziel wäre, sie am ganzen Körper berühren zu können.
Giraffen werden "verwanzt"
Im Tamer machen wir ein medizinisches Training, bei dem wir den Giraffen zum Beispiel mithilfe von sterilen Wanzen Blut abnehmen. Dazu setzen wir die Wanzen am Nacken der Giraffe an. Dort saugt sich die Wanze fest und saugt dann Blut. So können wir, ohne dass wir mit Nadeln arbeiten müssen, Blut abnehmen. Das ist schmerzfrei, es kitzelt vielleicht etwas, aber die Tiere stört das nicht. Eine andere medizinische Untersuchung ist die Zahnkontrolle. Momentan sind die Giraffen im Zahnwechsel, und wir schauen, ob die Zähne kommen, ob sie gerade kommen und ob am Ende alle vollzählig sind.
Immer der Nase nach
Wir trainieren nach der Methode der positiven Verstärkung. Dabei werden sogenannte Targets eingesetzt. Ein Target ist ein Hilfsmittel, im Fall der Giraffen ein farbiger Ball auf einem Stab. Die Tiere müssen das Target mit der richtigen Körperstelle berühren, zum Beispiel mit der Nase. Erst dann gibt es eine Bestätigung. Wenn die Bestätigung durch den Klicker erfolgt ist, gibt es eine Belohnung.
Ein Target hilft etwa, das Tier an die gewünschte Stelle im Tamer zu holen und dort zu halten. Außerdem bewirkt es, dass das Tier sich auf das Target konzentriert. Wenn noch eine zweite Person mit dabei ist, kann diese zum Beispiel die Giraffen mit einem Besen abbürstet oder sie berühren.