Wer wird jetzt Marvels neuer Bösewicht?

Disneys gebeuteltes Comic-Haus Marvel kommt nicht zu Ruhe. Doch diesmal sind es nicht zu verworrene und komplexe Handlungen oder eine schlichte Überforderung des Publikums mit zu vielen nichtssagenden Filmen und Serien, die für Troubles sorgen, sondern einfach die menschlichen Verfehlungen eines einzelnen Darstellers. Als Jonathan Majors (34) im Frühjahr wegen Vorwürfen der Körperverletzung und häuslicher Gewalt gegen seine damalige Freundin verhaftet wurde, hatte er bereits mehrere Projekte für Marvel abgedreht und Marvel machte seine Zukunft von einer möglichen Verurteilung abhängig. In zwei von vier Anklagepunkten folgte jetzt ein Schuldspruch, wobei das Strafausmaß erst im Februar 2024 verkündet werden wird. Marvel hat sofort alle Zusammenarbeiten mit Majors beendet. Aber damit hat sich Marvel auch gigantisches Problem geschaffen…

In den letzten fünfzehn Jahren war Marvel grandios darin, neue Bösewichte schleichend einzuführen und so das Interesse an den Figuren bis ins Unermessliche zu steigern. Im Fall von Josh Brolin als Überschurke Thanos hat das für die Filme der "Infinity Saga", die 2019 mit dem fulminanten "Avengers - Endgame" endete, perfekt funktioniert. Und zwar nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch finanziell, denn "Avengers: Endgame" spielte weltweit 2,8 Milliarden Dollar ein. Aktuell befindet sich das MCU (Marvel Cinematic Universe) inmitten der "Multiverse Saga" und für diese wurde Jonathan Majors bereits in der ersten und zweiten Staffel der Serie "Loki" und den gefloppten Film "Ant-Man and the Wasp: Quantumania" als Überbösewicht Kang eingeführt. Im hochkomplexen Multiversum existiert nicht nur ein einziger Kang, sondern etliche Varianten von ihm, von denen die verbliebenen Marvel-Fans bereits den Zeit-Herrscher "He Who Remains" und den Menschen Victor Timeley aus Loki und Kang The Conqueror aus "Ant-Man" kennen. In der Post-Credit-Scene von "Ant-Man" war erstmals auch die Versammlung aller Kangs aus allen Universen zu sehen, die sich erstmals organisiert haben... Bis zu den beiden nächsten Avengers Filmen hätten weitere Auftritte folgen sollen, aber das ist nun vom Tisch. 

Bis vor wenigen Tagen war geplant gewesen, 2026 "Avengers: The Kang Dynasty" und 2027 "Avengers: Secret Wars" im Kino starten zu lassen, aber nun wurde der Arbeitstitel des nächsten Films auf "Avengers 5" geändert. Das könnte bedeuten, dass die Verantwortlichen bei Marvel rund um Kevin Feige sich dagegen entschlossen haben, die Rolle des Kang einfach neu zu besetzen. Es wäre nicht das erste Mal, das eine Figur ein neues Gesicht erhält. So war etwa Iron Mans Gefährte James Rhodes im ersten Film von Terence Howard verkörpert worden um dann von Don Cheadle ersetzt zu werden. Und sogar der Hulk wanderte von Edward Norton zu Mark Ruffalo. Eine Umbesetzung nach mehreren Auftritten im MCU gab es bisher aber noch nicht. 

Wenn also Jonathan Majors nicht mehr im MCU auftreten wird und Kang von niemand anderen gespielt werden sollte, müssten nun also die Handlungen geändert und dafür die bisherigen Entwürfe der Drehbücher umgeschrieben werden. Natürlich gibt es jetzt noch keine fixen Inhalte für Filme, die erst in mehreren Jahren gedreht werden sollen. Aber grobe Ideen, die sich an jahrzehntelange Vorlagen aus den Marvel Comics richten, gibt es natürlich schon. Natürlich könnte die Drehbuchautoren einen komplett neuen Überschurken einführen, das würde aber bedeuten, dass die Aufbaujahre der Figur Kang komplett vergebens waren. Oder Marvel könnte auf einen großartigen Bösewicht setzten, der von den Fans immer noch kultisch verehrt wird: Kingpin

Kann der charismatische Wilson Fisk/Kingpin zum neuen Superschurken des MCU werden? Ja!

Wilson Fisk, alias Kingpin (göttlich gespielt von Vincent D'Onofrio, "Law and Order") war eigentlich der Gegenspieler von Matt Murdoch/Daredevil (Charlie Cox) in der Marvel/Netflix-Serie "Daredevil", die von 2015-2018 lief und nur eingestellt wurde, damit die Figuren und Geschichten nach dreijähriger Pause auf dem neuen Disney+ laufen können. Dort feierte Fisk als Bösewicht sein Comeback in der Serie "Hawkeye" und wird diese auch ab 9. Jänner in "Echo" weiterspielen. Ab 2025 wird D'Onofrio auch im von Fans am sehnsüchtigsten erwarteten Reboot von "Daredevil", "Daredevil: Born Again" zu sehen sein, an dem bereits gedreht wird. Wie Thanos ist Fisk/Kingpin ein charismatischer Muskelberg mit scheinbar übermenschlichen Kräften. Zwar ist Kingpin "nur" ein Mensch und verfügt weder über Superkräfte, noch außerirdische Technologien, aber es ist ein meisterhafter Crimelord, skrupellos gegenüber jenen, die er hasst und einfühlsam gegenüber den wenigen, die er liebt. Ähnlich wie Thanos ist Fisk/Kingpin nicht eindimensional und wahrscheinlich ist Fisk sogar der vielschichtigste Bösewicht des bisherigen MCU. Ihn zum Gegner der Avengers zu machen, wäre Fans wohl einfacher zu erklären, als jemand ganz neuen aus dem Hut zu zaubern.    

Marvel hat jetzt zumindest Zeit, sich die nächsten Schritte gut zu überlegen:

Dringenden Handlungsbedarf gibt es in diesem Moment für Marvel übrigens keinen. Der einzige reguläre Marvel-Film, der 2025 ins Kino kommen wird, ist "Deadpool 3" im Juli. Dank der Strahlekraft von Hauptfigur Ryan Reynolds dürfte dieser zum Selbstläufer werden. Außerdem erscheinen 2024 gleich drei Filme aus Marvels Spiderverse, einer Kooperation mit Sony. Aber nachdem "Madame Web", "Kraven The Hunter" und "Venom 3" inhaltlich nicht mit dem Rest des MCU zusammenhängen, hat die Frage der Kang-Nachfolge keinen Einfluss auf diese Releases. Somit bleiben Kevin Feige und den übrigen Verantwortlichen zumindest ein paar Monate Zeit, sich zu überlegen, mit welchen bösen Zugpferd sie in die nächste Phase des MCU reiten wollen. Die Karriere von Jonathan Majors, der ein gigantischer Marvel-Star hätte werden können, scheint jetzt jedenfalls beendet...

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