Gesundheit
Weniger Coronavirus-Infektionen dank Grippe-Impfungen?
Gegen Grippe geimpfte Personen könnten ein geringeres Risiko haben, an Covid-19 zu erkranken. Darauf deutet eine Studie mit Spitalpersonal hin.
Auch wenn weltweit an einer Impfung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 geforscht wird und mit den Vakzinen von Moderna und Biontech die ersten Kandidaten bereits in den Startlöchern stehen: Noch gibt es keinen. Doch möglicherweise bietet auch die klassische Grippeimpfung einen Schutz, wie ein deutsch-niederländisches Forscherteam in einer Preprint-Studie berichtet, die noch nicht von anderen Experten begutachtet wurde.
Es ist nicht die erste wissenschaftliche Untersuchung, die in diese Richtung deutet, schreibt Spektrum.de. Schon mehrere epidemiologische Arbeiten seien zum Schluss gekommen, dass eine Grippeimpfung eine gewisse Kreuzimmunität gegen Sars-CoV-2 erzeugt. Wie diese zustande kommt, ist jedoch noch unbekannt.
Etwas Licht ins Dunkel bringt nun die neue Studie: Sie liefert Hinweise darauf, "dass ein Impfstoff gegen das Grippevirus den Körper dazu veranlassen könnte, breit wirksame Moleküle zu produzieren, die auch das derzeitige Pandemie-Virus bekämpfen".
Frühere Erkenntnisse
Dass Impfstoffe gegen Grippe und andere Krankheiten das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, reduzieren können, haben unter anderem folgende Studien gezeigt:
Gleich zwei Forscherteams zeigten, dass die Covid-19-Raten in jenen Regionen Italiens niedriger waren, in denen viele Erwachsene im Alter von 65 Jahren und älter einen Grippe-Impfstoff erhalten hatten. Eine Arbeit ist im Fachjournal "Vaccines" erschienen, die andere im "Journal of Medical Virology".
Ein andere Gruppe von Wissenschaftlern berichtete im Juli in einer vorabgedruckten Studie, dass Erwachsene, die in den vergangenen fünf Jahren Impfstoffe etwa gegen Grippe, Masern-Mumps-Röteln (MMR), Hepatitis A oder B sowie Pneumokokken erhalten hatten, seltener positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden als Personen, die keinen dieser Impfstoffe erhalten hatten.
In In-vitro-Modellen haben die Forschenden um Katharina L. Gössling von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität nachweisen können, "dass der vierwertige inaktivierte Grippeimpfstoff, der in den Niederlanden in der Grippesaison 2019/2020 eingesetzt wird, eine trainierte Immunantwort induzieren kann", heißt. Weiter hätte sich gezeigt, dass sich die sogenannte Zytokinreaktion verbessert.
"Darüber hinaus stellten wir fest, dass die Infektion mit Sars-CoV-2 bei niederländischen Spitalmitarbeitern, die in der Wintersaison 2019/2020 eine Grippeimpfung erhalten hatten, seltener auftrat", zitiert Spektrum.de die Autoren.
Was heißt Zytokinreaktion?
Zytokine sind Proteine, die im Körper die Abwehr von Krankheitserregern steuern. Im Zusammenhang mit Covid-19 wurde beobachtet, dass es infolge der Infektion zu einem sogenannten Zytokinsturm kommen kann. Dabei handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems, welche zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie etwa Thrombosen, akutem Lungenversagen, Lungenentzündung, Atemnot und Entzündungen der Atemwege führen kann. Auch ein Organversagen ist möglich. Zudem bilden sich im ganzen Körper Blutgerinnsel.
Eindeutiger Beweis fehlt noch
Trotz dieser deutlichen Hinweise: Der beobachtete Effekt muss nicht unbedingt auf die Impfung zurückzuführen sein. Es könnte nämlich auch sein, dass Menschen, die sich gegen Grippe impfen lassen, einfach nur gesundheitsbewusster sind und sich eher an die Hygiene- und Verhaltensregeln halten als Menschen, die keine Grippeimpfung vornehmen, erklärt Ellen Foxman, Immunologin an der Yale University, gegenüber "Scientific American".