Politik
Was es mit den billigen Seegründen auf sich hat
Die Jugendorganisationen von ÖVP und SPÖ pachten sehr billig an Oberösterreichs Seen. Wir erklären die Hintergründe.
Junge Volkspartei und Sozialistische Jugend pachten viel zu billig Seegrundstücke am Mond- und am Attersee. Die Gründe gehören dem Land Oberösterreich. Der Rechnungshof betrachtet dies als verbotene Parteispende.
Klingt absurd. Und tatsächlich brodelt in Oberösterreich seit November 2018 ein Politstreit um diese Causa. Im Rest Österreichs war dies bisher bestenfalls eine Randnotiz. Wir erklären, worum's geht.
Proporz am See
Die Geschichte beginnt mit dem 1. Jänner 1962 bzw. 1965. Damals verpachtete das Land Oberösterreich zwei Seegrundstücke an die Jugendorganisationen der SPÖ und der ÖVP. Man wollte damit Parteijugendarbeit fördern.
Die Sozialistische Jugend bekam ein rund 37.400 Quadratmeter großes Grundstück in Weißenbach am Attersee auf 88 Jahre unkündbar verpachtet. Um 10 Schilling (73 Cent) pro Jahr. Den selben Mietzins zahlte auch die Junge Volkspartei für ihr Grundstück in St. Lorenz am Mondsee. Dort wurde der Pachtvertrag sogar für 99 Jahre abgeschlossen.
Bis zum November 2018 störte das niemanden. Der Landesrechnungshof (LRH) hatte dann allerdings etwas zu bemängeln. Weil die Jugendorganisationen auf den Grundstücken auch kommerzielle Campingplätze betreiben, ist der LRH der Meinung, dass man die Pacht "spätestens 2005 auf einen wirtschaftlich angemessenen Betrag" anheben hätte müssen.
Polit-Streit
Als Grund führte man an, dass die Jugendbewegungen mit ihren Campingplätzen gegenüber der Allgemeinheit als Tourismusanbieter auftreten und diese faktisch gewerbliche Nutzung nicht zum ursprünglich vereinbarten Zweck (Erholung der Parteijugend) passen würde. Außerdem wäre ein solcher Pachtvertrag laut Parteiengesetz 2012 als Parteispende zu werten, was für Einrichtungen im Eigentum der öffentlichen Hand verboten ist.
Nach dem Bericht entbrannte in Oberösterreich ein Polit-Streit. Das Land Oberösterreich bemühte sich, die Forderungen des LRH umzusetzen und neue Pacht-Zinse auszuhandeln. ÖVP, FPÖ und Grüne tobten über Privilegien und einem Verrat am Steuerzahler.
JVP zahlt mehr, SJ noch nicht
Ergebnisse gibt es über ein halbes Jahr nach Aufkommen der Causa nur teilweise. Die Junge Volkspartei Oberösterreich zahlt nun statt 73 Cent pro Jahr 77.000 Euro. Marktüblich wären rund 105.000 Euro, laut LRH-Gutachten.
Die SJ, die derzeit 10 Euro pro Jahr zahlt, hat sich noch nicht auf einen neuen Mietzins einigen können. Man befinde sich noch in Verhandlungen, heißt es. Auch ein Gutachten werde erstellt.
Gratis Seezugang
Bei der Betrachtung dieser Causa muss man auch die Unterschiede zwischen den Seegrundstücken betrachten. Die JVP verlangt auf ihrem viel kleinere Grundstück und Campingplatz im Vergleich einen höheren Camping-Preis als die SJ - und bietet keinen gratis Seezugang.
Den gibt es aber am Attersee bei der SJ, die dort ein öffentliches, kostenloses Strandbad betreibt, mit freiem Seezugang. Auch das müsse, nach Meinung der Jugendorganisation, in den Preisverhandlungen berücksichtigt werden.
Und auch der marktübliche Preis ist bei den beiden Grundstücken sehr unterschiedlich: Die SJ müsste für ihr viel größeres Grundstück marktüblich rund 280.500 Euro pro Jahr berappen.
Verärgerte Camper
Unangenehm war das nicht nur für die Jugendbewegungen, sondern auch für die Dauercamper, die es etwa im Austria Camp am Mondsee (JVP) gibt. Die müssen durch die erhöhte Pacht nun 2.900 Euro plus Stromkosten zahlen.
"Ich finde das eine Frechheit", sagt einer von ihnen im November zu den "Oberösterreichischen Nachrichten". Mittlerweile habe sich die Aufregung aber gelegt, erzählt JVP OÖ-Landesgeschäftsführer Fabio König gegenüber "Heute". Man habe sich mit jedem Dauercamper individuell einigen können. (csc)