Spiele-Test

"Warhammer 40,000: Rogue Trader" ist ein Taktik-Biest

Das neue "Warhammer 40,000: Rogue Trader" ist ein gewaltiges Taktik-Rollenspiel, das Fans lieben werden. Anfänger könnte es aber überfordern.

Rene Findenig
"Warhammer 40,000: Rogue Trader" ist ein Taktik-Biest
"Warhammer 40,000: Rogue Trader" als heißer Taktik-Tipp im Test – um es wirklich genießen zu können, braucht es aber Geduld und Lernwille.
Owlcat Games

"Warhammer"-Spiele gibt es bereits einige, das neue "Warhammer 40,000: Rogue Trader" wagt allerdings eine Premiere und Entwickler Owlcat Games bringt damit das erste cRPG der Franchise-Geschichte auf PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S. Hä, cRPG? Ja, so werden Spiele bezeichnet, die die klassische Rollenspielformel aufgreifen und in diesem Fall das Tabletopt-Erlebnis in ein Vidospiel-Format gießen wollen. Während vieler solcher Versuche auch bei den größten Game-Marken scheiterten, gab es immer wieder Leuchtfeuer am Markt, die das Genre am Leben erhielten. "Planescape: Torment", "Knights of the Old Republic" und vor allem das jüngst erschienene Baldur's Gate 3" sorgten sogar für einen regelrechten cRPG-Hype. Und "Warhammer 40,000: Rogue Trader" ist mit das Beste, was das Genre zu bieten hat.

Das Gute selbst für Spiele, die bisher so gar nicht mit dem "Warhammer "-Universum in Berührung gekommen waren: Obwohl die Materie extrem komplex ist, braucht es für diesen Ableger nicht allzu viel Vorwissen, um das Spiel genießen zu können. Gerade mal den großen Handlungsbogen der Science-Fiction-Schiene "Warhammer 40,000" sollte man kennen: Die Menschheit hat im 41. Jahrtausend nach Christus den Weltraum erobert und Millionen von Planeten besiedelt, dadurch aber auch zahlreiche Alien-Völker in kriegerische Handlungen verwickelt, darunter auch Dämonen und Chaos-Rassen. Erstmals eingeführt wurde diese Spielwelt und die damit verbundenen Regeln mit dem ebenfalls "Warhammer 40,000: Rogue Trader" betitelten Spiel 1987, an dem sich nun das Gameplay des neuen Videospiels orientiert.

Riesige Masse an Inhalten, aber extrem spannend umgesetzt

Wer nicht in die gigantische Story des Universums eintauchen will, muss das nicht tun, denn im Kern dreht sich der Titel um die Freihändler, die im All Handel treiben und Profite schlagen wollen und sich dabei an den Grenzen des Imperiums der Menschheit bewegen. In diesem fast völlig unbekannten Gebiet können wir mit unserem Voidship das All erkunden und in klassischer Rollenspielmanier in rundenbasierten Kämpfen gegen Feinde antreten. Rollenspiel-typisch warten aber auch jede Menge Dialoge, NPCs und Storyelemente auf die Zocker. All diese Elemente erschlagen den Spieler mit ihrer Zahl anfangs völlig, sie sind aber spannend umgesetzt (leider aber bei den Dialogen nicht durchgängig vertont) und fühlen sich zu keinem Zeitpunkt an, als hätten die Macher das ohnehin gewaltige Spiel weiter ausdehnen wollen.

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    "Warhammer"-Spiele gibt es bereits einige, das neue "Warhammer 40,000: Rogue Trader" wagt allerdings eine Premiere und Entwickler Owlcat Games bringt damit ...
    "Warhammer"-Spiele gibt es bereits einige, das neue "Warhammer 40,000: Rogue Trader" wagt allerdings eine Premiere und Entwickler Owlcat Games bringt damit ...
    Owlcat Games

    Der Spieler zeigt als "Rogue Trader" übrigens nicht unbedingt Imperiums-konforme Verhaltensweise, denn wo sich die Menschheit gegenüber anderen Spezies abgrenzt, kann er in seinem Gefolge alle möglichen Alien-Vertreter sammeln, die eben wie er selbst auch bereits sind, für Beute und Schätze ungewöhnliche Partnerschaften einzugehen. Spieler können sich in "Warhammer 40,000: Rogue Trader" aber nicht nur dafür entscheiden, mit unterschiedlichen Völkern zusammenzuarbeiten und verschiedenste Ziele zu verfolgen, sondern durch die vielen Entscheidungen im Spielverlauf wird es sogar möglich, entweder als Diener oder Verräter der Menschheit aufzutreten und sich sogar mit den Todfeinden des Imperiums zusammenzutun. Grob werden die Entscheidungen in neutral sowie Pro- und Kontra-Menschen eingeteilt.

    Simpler Gameplay-Kern, aber komplexes Fähigkeiten-System

    Schlau gelöst: Die Entscheidungen führen nicht nur zu verschiedenen Enden, sondern auch zu einer Veränderung der Spielwelt, mit härteren Kämpfen, mehr Beute oder ganz neuen Möglichkeiten. Die Kämpfe wiederum sind vollkommen klassisch gehalten. Auf einem Schachbrett-Muster-Spielfeld können wir unsere zusammengestellten Einheiten manövrieren, angreifen oder in Deckung gehen lassen. Für das Bewegen der Einheiten steht ein eigenes Punktesystem ebenso wie für das Kämpfen bereit. Doch Moment, warum ist das Game dann eigentlich ein Taktik-Biest, wenn sich das so simpel anhört? Dafür sorgen die Fähigkeiten der Figuren, von denen es tonnenweise gibt und bei denen schnell die Gefahr besteht, sich beim Charakter-Aufstieg auch so zu verskillen, dass man schließlich in einer Gameplay-Sackgasse landet. 

    Die Masse an Skills ist gewaltig und reicht von passiven Effekten bis zu aktiven Fähigkeiten, von Gesundheits- und Schaden-Stärkungen bis hin zu Flächenschaden, Kameraden-Unterstützung und stapelbaren Buffs. Schon eine Spielfigur "richtig" hochzuleveln, ist eine Sache von guter Planung und einem Einlesen in die Effekt-Wirkungen, richtig komplex wird es dann, wenn man sechs Figuren im Kampftrupp so aufleveln soll, dass sie sich gegenseitig perfekt unterstützen und ihre jeweiligen Schwächen ausgleichen können. Achja, und haben wir schon erwähnt, dass jede einzelne Charakter-Klasse über individuelle Skills verfügt, die sie noch dazu zu einer ganz anderen Klasse als der Starter-Status machen kann? Ihr seht, wenn ihr in "Warhammer 40,000: Rogue Trader" den Durchblick behalten wollt, gibt es viel zu lernen.

    "Warhammer 40,000: Rogue Trader" ist ein Taktik-Biest

    Und immer, wenn man gerade denkt, man hat die Mechaniken des Games gemeistert, führt der Titel neue ein. Etwa die All-Kämpfe, in denen wir mit unserem Voidship gegen Feinde antreten und statt der verschiedenen Figuren nun nur ein Schiff, dafür aber alle Systeme wie Waffen und Schilde einzeln ansteuert. Außerdem bewegt sich das Schiff selbst fort und Spieler müssen sich darum kümmern, es so zu manövrieren, dass es in Angriffsposition zu den Feinden landet. Und natürlich können wir auch unser Voidship aufleveln und mit neuen Fähigkeiten versehen. Geht das gesamte Abenteuer gut und gerne schnell in die dreistellige Spielstunden-Anzahl, ist man einige Stunden davon nur damit beschäftigt, das Skill-System zu bewältigen. Wer nur schnell mal das Game durchzocken will, ist bei diesem Titel definitiv falsch. 

    Wem aber an gut gemachten, komplexen und ausbalancierten Taktik-Rollenspielen gelegen ist, den erwartet hier eine Game-Perle. Und für zahlreiche Spieler ist das Game der perfekte Einstieg in das "Warhammer 40K"-Universum, denn die Story ist fesselnd, setzt aber nicht so viel Vorwissen wie andere Ableger voraus. Bemängeln kann man da ausschließlich die technische Umsetzung, was ein Jammern auf hohem Niveau ist. Oft fehlende Synchronisation und eine etwas in die Jahre gekommene Grafik, mehr lässt sich das Werk der Owlcat Games aber auch nicht vorwerfen. "Warhammer 40,000: Rogue Trader" ist ein Taktik-Biest, ein fantastisches, klassisches Rollenspiel und eine perfekte Gelegenheit, sich in stundenlange Abenteuer in einem spannenden Universum zu werfen, ohne dass nur eine Minute davon langweilig wird.

    rfi
    Akt.