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Volkshilfe-Chef: "450.000 Menschen haben Mietschulden"

Im Gespräch mit "Heute" fordert Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger eine Mietpreisbremse und warnt: "1,5 Millionen Menschen sind armutsbetroffen"

Amra Duric
Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe, kritisiert die Regierung scharf: "Ohne die Preisbremse wird die Situation noch dramatischer."
Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe, kritisiert die Regierung scharf: "Ohne die Preisbremse wird die Situation noch dramatischer."
Helmut Graf

Kommt sie, oder kommt sie nicht: Die Regierung ist sich weiterhin uneinig, ob und in welcher Form eine Mietpreisdeckel eingeführt werden soll. Doch die Zeit drängt. Denn die Richtwertmieten steigen mit 1. April um 8,6 Prozent an. Im Gespräch mit "Heute" zeigt sich Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger fassungslos. "Dass ist deshalb dramatisch, weil es viele Menschen betrifft, die kein Eigentum haben, oder über ein Vermögen besitzen. Die meisten Menschen leben in Miete. Wir sehen, dass von 2010 bis 2021 rund 40 Prozent Mietanstieg zu verzeichnen ist. Das ist in elf Jahren fast eine Verdoppelung."

40 Prozent vom Gehalt geht für das Wohnen drauf

Ohne eine Mietpreisbremse wird, laut Fenninger, die Situation noch dramatischer. "Laut dem Fiskalrat leiden 30 bis 35 Prozent der Menschen in Österreich, trotz Hilfeleistungen hier und da, unter dieser Teuerung. Wir sehen, dass 450.000 Menschen Zahlungsrückstände im Miet- und Wohnbereich haben. Das ist eine dramatische Größe. 1,4 Millionen Menschen sind armutsbetroffen. 40 Prozent von deren Gehalt geht für das Wohnen drauf."

"Wir sehen, dass 450.000 Menschen Zahlungsrückstände im Miet- und Wohnbereich haben. Das ist eine dramatische Größe."

Alleinerziehende, Familien und ältere Personen werden, so Fenninger, von den Mieterhöhungen besonders hart getroffen. Als Beispiel nennt der Volkshilfe-Chef einen aktuellen Fall. "Die Mutter ist in Karenz. Damit ist die Situation von einen Tag auf den anderen völlig anders. Der Vater hat seine Erwerbstätigkeit verloren. Die Familie war plötzlich in einer prekären Situation und ist schnell unter Druck gekommen. In kürzester Zeit haben sich 7.000 Euro an Mietrückständen angesammelt."

"Ich würde mir wünschen, dass die Regierung jene unterstützt, die mit der Situation nicht auskommen und nicht jene, die schon privilegiert sind nochmal zu privilegieren", betont Fenninger. "Als Volkshilfe hätten wir nicht gedacht, dass wir einmal in diese Situation kommen, dass so viele Menschen armutsbetroffen sind. Wir betreuen mittlerweile Leute, die früher selbst für die Volkshilfe gespendet haben."

"Man geht davon aus, dass 1,4 Millionen Menschen derzeit ein Problem haben Miete, Heizen, Essen und etwas zum Anziehen zu zahlen."

Bundeskanzler kündigt Gesamtpaket an

Die Beratungen, vor allem im Bereich Wohnen, haben sich laut dem Volkshilfe-Chef Verdreifacht. "Das sind erschreckende Zahlen. Rund eine halbe Million Menschen sind von Mietrückständen betroffen. Das ist dramatisch. Man geht davon aus, dass 1,4 Millionen Menschen derzeit ein Problem haben Miete, Heizen, Essen und etwas zum Anziehen zu zahlen."

Ohne eine Mietpreisbremse fürchtet Fenninger, dass sich Menschen künftig entscheiden müssen, "wärme ich meine Wohnung, oder zahle ich doch eine Schulveranstaltung meines Kindes." Bundeskanzler Karl Nehammer kündigte am Mittwoch in einem Gespräch mit Puls24 ein Gesamtpaket an. Die Verhandlungen seien "sehr intensiv". Einen genauen Zeitpunkt für eine Einigung über das "Gesamtpaket" gibt es jedoch nicht. "Es gibt ein Limit von der gesetzlichen Frage her", so der Kanzler. "Das dürfte im Mai sein."

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