Schon bemerkt?

"Viel billiger" – KI-Musik erobert Supermärkte und Co.

In online Foren wird der mutmaßliche Einsatz von KI-generierter Musik aktuell heiß diskutiert – "Heute" begab sich auf die Suche nach Antworten.
Newsdesk Heute
18.02.2025, 07:30

Schleichend übernimmt hier der Computer die Kontrolle. Online wird es gerade heiß diskutiert: Nutzern eines Forums zufolge hält in österreichischen Shops neuerdings durch künstliche Intelligenz generierte Musik Einzug: "Bin mir zu 87,5 % sicher die spielen jetzt auch KI-Musik". Gemeint ist damit Musik, die nicht von Menschen, sondern von Künstlicher Intelligenz geschaffen wurde. User berichten von Musikuntermalung in Form von generischem "Gedudel" unterlegt mit "nonsense" Texten in den Filialen unterschiedlicher Handelsketten.

Über die Hintergründe des angeblichen Wandels zur KI-Musik sind sich die User einig: "Ist halt billiger als irgendwelche Nutzungsrechte zu bezahlen." Die Begeisterung scheint sich – jedenfalls in den Foren – in Grenzen zu halten: "Einkauf nur mit Noise-Cancelling-Kopfhörer", schreibt ein User. Ein weiterer befürchtet gar "unterbewusst narrisch" zu werden – stimmen die Gerüchte also?

Einzelhandel und KI-Musik – Verschwörung oder Tatsache?

Dass KI-generierte Musik in gewissen Shops gespielt wird, ist tatsächlich korrekt. Allerdings nicht in allen genannten Läden. Eine der am häufigsten aufgestellten Theorien bezog sich auf den Supermarkt-Diskonter "Lidl Österreich". Auf "Heute"-Anfrage konnte der Verdacht der User bestätigt werden: "Für unser Filialradio nutzen wir tatsächlich seit kurzem KI-generierte Musik", heißt es in einem Statement. Auch "OBI" bestätigte, in einigen Filialen unter anderem auch KI-Musik zu spielen.

Was "LIBRO"-Filialen angeht, lagen die User jedenfalls daneben: "In den LIBRO Filialen wird zum aktuellen Zeitpunkt keine KI-gestützte Musik verwendet", teilte uns eine Sprecherin mit. Bei "XXXLutz" und "Möbelix" sieht es laut Pressesprecher jeweils unterschiedlich aus: "XXXLutz verwendet in Österreich AKM-lizenzierte Musik und bezahlt dafür auch an die AKM das Entgelt für die öffentliche Aufführung", und, "bei Möbelix verwenden wir seit vielen Jahren lizenzfreie Musik unseres Anbieters Reditune."

Was ist eigentlich AKM-Musik? Die Urheberrechts-Gesellschaft AKM (Autoren, Komponisten und Musikverleger) sorgt dafür, dass ihre Mitglieder (Urheber) Geld bekommen, wenn ihre Werke durch Dritte öffentlich aufgeführt werden. AKM-Musik ist lizensierte Musik.

Lizenzfreie Musik hingegen, stammt von Künstlern, die keine AKM-Mitglieder sind, oder ist tatschlich durch künstliche Intelligenz generiert. 

"No-Name-Künstler"

Auch bei der AKM und dem Filial-Musik-Anbieter "Reditune" hat sich "Heute" umgehört. Zum einen gibt es zur musikalischen Untermalung von Läden lizenzierte AKM-Musik, für deren öffentliche Vorführung bezahlt werden muss. Eine andere Möglichkeit ist lizenzfreie Musik, welche zuvor meistens von unbekannten Künstlern aufgenommen wurde. In diesem Bereich hält nun auch die KI-Musik Einzug.

"Viele Verbraucher können den Unterschied zwischen internationalen Popsongs und KI-generierten Pop-Songs kaum erkennen – abgesehen von den bekannten Hits großer Künstler", stellte Siegfried Obermayr von "Reditune" klar. Obermayr ist der Meinung, beides habe seine Berechtigung: "Ich sehe in KI-Musik eine große Chance. Die Ergebnisse sind deutlich besser als das, was No-Name-Künstler produziert haben."

Eine Frage des Geldes

Musik ist bedeutend für eine angenehme Stimmung in den Shops, doch nicht jedes Unternehmen könne oder wolle sich AKM-Musik leisten: "Für die öffentliche Aufführung von AKM-Musik können pro Filiale zwischen 1.000 und 15.000 Euro im Jahr anfallen. Bei 200 Filialen sind das mehr als 200.000 Euro jährlich", weiß Obermayr – manchmal reiche einfach ein "unauffälliges Soundbett" im Hintergrund. "Lizenzfreie Musik ist nicht kostenlos, aber sie kostet nur einen Bruchteil im Vergleich zu herkömmlicher Musik." Zudem habe die Qualität von KI-Musik in den letzten Monaten stark zugenommen.

KI-Musik bietet auch für unbekannte Künstler neue Möglichkeiten: "Unser Partner, der bisher No-Name-Künstler unter Vertrag hatte, arbeitet inzwischen mit denselben Künstlern, die jetzt selbst KI-Musik produzieren", und weiter: "Dank KI können diese Künstler jetzt deutlich mehr produzieren. Während sie früher drei Titel im Jahr erstellt haben, schaffen sie nun bis zu 30 Titel am Tag."

Dazu sagt die AKM: "Es ist richtig, dass einzelne Handelsbetriebe aus Kostengründen auf 'freie Musik' umsteigen. Viele davon erkennen allerdings, dass nicht nur die angebotenen Produkte und das damit einhergehende Service eine Rolle spielen, sondern auch das Kauferlebnis im richtigen Ambiente. Diese Betriebe greifen dann wieder auf lizenzierte Musik zurück, weil nur diese einen Eindruck von Qualität hinterlassen kann."

"Sicherung der Lebensgrundlage"

Obermayr gibt jedoch zu: "Der Markt für No-Name-Künstler wird durch KI verschwinden – ähnlich wie der Markt für mittelmäßige Fotografen oder Grafiker. Die 'untere Liga' fällt weg. Superstars werden weiterhin ihren Markt haben. Künstler verlieren nichts, da Menschen für Live-Konzerte bezahlen." Die AKM hingegen sieht ihre Aufgabe unter anderem darin, dass Künstler für ihre Leistung angemessen bezahlt werden.

"AKM und austro mechana (Anm.: eine ähnliche Institution) unterstützen den österreichischen Handel bei der korrekten Musiklizenzierung und sorgen dafür, dass Musikschaffende fair entlohnt werden, wenn ihre Werke öffentlich genutzt werden. Das ist nicht nur fair, sondern trägt entscheidend zur Sicherung der Lebensgrundlage österreichischer Künstlerinnen und Künstler bei."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 18.02.2025, 07:57, 18.02.2025, 07:30
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