Telefon-Horror

Vater steckt 6,5 Stunden in Anruf-Warteschleife

Ein Versicherter musste stundenlang auf medizinischen Rat warten, um seiner Tochter zu helfen. Die Kritik an den Wartezeiten im Telmed-Modell steigt.

Vater steckt 6,5 Stunden in Anruf-Warteschleife
Die ganze Nacht hindurch steckte ein Helsana-Versicherter in der Warteschleife fest.
Getty Images/iStockphoto

Nach dem Prämienschock fürs nächste Jahr in der Schweiz sind noch bis Ende November Wechsel zu einer günstigeren Krankenkasse möglich. Viel Geld sparen lässt sich auch mit einem anderen Modell als der freien Arztwahl.

Am günstigsten ist das Telmed-Modell, bei dem Versicherte im Krankheitsfall immer zuerst beim Arzt oder einer Beratungshotline anrufen müssen. Das spart Arztbesuche. Doch wenn dann die Warteschleife folgt, ist der Ärger groß.

Der "Beobachter" berichtet von einem besonders extremen Fall. Ein Versicherter wollte im Oktober medizinischen Rat für seine 20-jährige Tochter einholen, die unter starkem Juckreiz am ganzen Körper litt. Doch dafür musste er sechseinhalb Stunden warten.

"Wir bitten Sie um etwas Geduld"

Immer wieder hieß es: "Zurzeit sind alle Mitarbeitenden besetzt. Wir bitten Sie um etwas Geduld." Erst kurz nach sieben Uhr am Morgen konnte er schließlich mit einer medizinischen Fachperson sprechen.

Der Juckreiz seiner Tochter verlief glimpflich, doch der Ärger ist nicht verraucht. Er überlege sich jetzt einen Wechsel. Er ist bei der Helsana versichert. Die Krankenkasse nutzt Medi24.

Die Firma dominiert gemeinsam mit Medgate den Telmed-Markt. Kontrolliert werden sie fast gar nicht, wie es im Bericht heißt. Rund 1,25 Millionen Versicherte in der Schweiz nutzen dieses Modell und sind den beiden Firmen ausgeliefert.

"Eeeeeeendlooooooose Warteschleifen"

Sie versprechen zwar Rund-um-die-Uhr-Service für viele große Kassen, doch seit Monaten häufen sich Onlinebeschwerden über lange Wartezeiten. Das zeigen die zahlreichen 1-Sterne-Bewertungen bei Google. Der Tenor: "Horror!", "Eeeeeeendlooooooose Warteschleifen".

Helsana-Sprecher Urs Kilchenmann sagt: "Diese Wartezeit entspricht nicht den Standards, welche wir für unsere Kundinnen und Kunden respektive von Medi24 erwarten. Uns ist bekannt, dass bei Medi24 in den letzten Wochen zeitweise Probleme mit der Erreichbarkeit bestanden, bedingt durch unvorhergesehene Engpässe beim medizinischen Fachpersonal."

Mittlerweile habe Medi24 die notwendigen Massnahmen ergriffen, um die Qualitäts- und Erreichbarkeitsstandards wiederherzustellen. Doch bei dringlichen medizinischen Problemen und Notfällen könnten Versicherte mit Telmed-Modell auch zu Notfallorganisationen gehen, ohne vorher Medi24 kontaktieren zu müssen. Sanktionen müssten sie dann nicht befürchten.

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    Das Foto machte Helga in der Nacht auf den 15. September, als der Anzbach schon übergelaufen war.
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    Leserreporterin Helga

    Nachts kann es länger dauern

    Medi24 äußert sich gegenüber dem "Beobachter" ähnlich. Rund 80 Prozent aller Anrufe würden binnen 20 Sekunden entgegengenommen. Wartezeiten könnten je nach Anrufvolumen variieren. Gerade nachts könne es länger dauern.

    Für die Aufsicht der Telemedizin-Anbieter sind die Gesundheitsbehörden der Kantone zuständig, in denen die Anbieter sitzen. Bei Medi24 ist das Bern. Beim Kanton Bern heißt es, es gebe keine Vorgaben oder Kontrollen hinsichtlich der Erreichbarkeit oder der Wartezeiten.

    Beim Kanton Basel-Landschaft, in dem Medgate sitzt, gibt es hingegen Kontrollen zur Verfügbarkeit. Spezifische Probleme habe es noch keine gegeben. In der Pflicht seien aber die Krankenkassen, die für ausreichende Erreichbarkeit sorgen müssten.

    Der Versicherte Tim Rutz überlegt inzwischen, das Versicherungsmodell zu wechseln. Eine Entscheidung, die mit höheren Kosten verbunden wäre. Dabei schätzt er das Telmed-Konzept: "Es spart Kosten und Arztbesuche", sagt er. "Aber es muss zuverlässig sein – gerade in Notfällen."

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      privat

      Auf den Punkt gebracht

      • Ein Versicherter in der Schweiz musste sechseinhalb Stunden in der Warteschleife verbringen, um medizinischen Rat für seine Tochter zu erhalten, was die Kritik an den langen Wartezeiten im Telmed-Modell verstärkt
      • Trotz der Kosteneinsparungen durch das Modell erwägen viele Versicherte aufgrund der unzuverlässigen Erreichbarkeit einen Wechsel zu teureren Krankenkassen
      red, 20 Minuten
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