Welt
US-Geheimdienst: Russland hat Angriffsbefehl gegeben
Der US-Regierung liegen Medienberichten zufolge Geheimdienstinformationen vor, wonach Moskau seinem Militär den Einmarsch befohlen hat.
Laut US-Geheimdienst ist ein Angriffsbefehl an russische Truppen auf die Ukraine erteilt worden. Diese Information von vergangener Woche soll US-Präsident Joe Biden am Freitag zu der Aussage veranlasst haben, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Entscheidung zum Angriff getroffen habe, wie die "New York Times" und der Sender CBS am Sonntag unter Berufung auf Beamte berichteten. Der Befehl bedeute aber nicht, dass eine Invasion sicher sei, da Putin seine Meinung immer noch ändern könne.
Die Geheimdienstinformationen sollen auch zeigen, dass 40 bis 50 Prozent der mehr als 150.000 russischen Soldaten an der ukrainischen Grenze sich in Kampfformation begeben hätten und innerhalb weniger Tage einen Angriff starten könnten, schrieb die "New York Times". Bei einigen der Truppen soll es sich demnach um russische Reservisten handeln, die nach einer Invasion eine Besatzungstruppe bilden könnten. Die Beamten haben der Zeitung zufolge keine weiteren Details zu den Informationen genannt, lediglich dass diese vertrauenswürdig seien.
Die US-Botschaft in Moskau warnte unterdessen unter Berufung auf Medienberichte vor Anschlagsdrohungen gegen Einkaufszentren, Bahnhöfe, Metrostationen und andere öffentliche Orte in Großstädten wie Moskau und St. Petersburg sowie in Gebieten entlang der russischen Grenze zur Ukraine.
"Stehen am Rande einer Invasion"
US-Außenminister Antony Blinken will im Ukraine-Konflikt so lange wie möglich auf Diplomatie setzen. "Alles, was wir sehen, deutet darauf hin, dass es todernst ist, dass wir am Rande einer Invasion stehen", warnte er am Sonntagmorgen in einem Interview mit dem Sender CNN. Man wolle aber "jede Gelegenheit und jede Minute" nutzen, um Russlands Präsident Wladimir Putin noch von einem Einmarsch abzuhalten, solange "bis die Panzer tatsächlich rollen und die Flugzeuge fliegen", so Blinken.
Im Ukraine-Russland-Konflikt setzen die USA weiter auf Diplomatie. Das gab US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag bekannt. Ein Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow in der kommenden Woche in Europa sei weiterhin geplant, "es sei denn, Russland marschiert in der Zwischenzeit ein", betonte der US-Minister. Mit Blick auf die Lage im Konfliktgebiet im Osten der Ukraine sagte Blinken: "Alles, was auf die eigentliche Invasion hinführt, scheint sich zu vollziehen: alle diese Operationen unter falscher Flagge, alle diese Provokationen, um Rechtfertigungen zu schaffen." Dies sei einstudiert und genau das, wovor die US-Regierung gewarnt habe.
Blinken kritisierte außerdem die Entscheidung, dass russische Truppen vorerst doch in Belarus bleiben sollen, um gemeinsame Militärübungen fortzusetzen. Es handle sich um "Übungen in Anführungszeichen", sagte er. Diese würden mit der Situation in der Ostukraine gerechtfertigt. Dies sei "eine Situation, die sie geschaffen haben, indem sie die Spannungen weiter anheizen", so Blinken mit Blick auf Moskau und Minsk.
Die USA haben eigenen Angaben zufolge Informationen über schwere Menschenrechtsverletzungen im Falle eines Einmarsches Russlands in die Ukraine. "Insbesondere haben wir glaubwürdige Informationen, die darauf hindeuten, dass die russischen Streitkräfte Listen mit identifizierten Ukrainern erstellen, die nach einer militärischen Besetzung getötet oder in Lager geschickt werden sollen", schrieb die amerikanische UNO-Botschafterin Bathsheba Nell Crocker in Genf an die UNO-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
"Tödliche Maßnahmen anwenden"
Weiter heißt es, dass die USA Geheimdienstinformationen dazu hätten, "dass die russischen Streitkräfte wahrscheinlich tödliche Maßnahmen anwenden werden, um friedliche Proteste aufzulösen». Die Vereinigten Staaten befürchten demnach, dass wie bei "früheren russischen Aktionen" Folter zum Einsatz kommen werde. Ziel wären Menschen, die Russland Widerstand leisten würden, "einschließlich russischer und weißrussischer Dissidenten im Exil in der Ukraine, Journalisten und Anti- Korruptionsaktivisten und gefährdete Bevölkerungsgruppen wie religiöse und ethnische Minderheiten und LGBTQI+-Personen". Die Abkürzung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-, Inter- und queere Menschen und das Pluszeichen als Platzhalter für weitere Identitäten. Die USA legten ihre Quellen für die Informationen nicht offen.
Mehrere hundert Menschen haben am Sonntag in Polen und Spanien gegen einen drohenden Angriff Russlands auf die Ukraine protestiert. "Hände weg von der Ukraine", riefen die Demonstranten in der polnischen Hauptstadt Warschau. Die Organisatoren der Kundgebung wollten nach eigenen Angaben ein Zeichen setzen gegen "eine mögliche neue russische Aggression" gegen die Ukraine.
In Madrid gingen rund 500 Demonstranten auf die Straße, unter ihnen viele Ukrainer. "Stoppt Putin", skandierten die Teilnehmer der Kundgebung. "Wir sind alle besorgt und haben Angst, weil wir nicht wissen, was morgen passieren wird", sagte ein aus der Ukraine stammender Demonstrant.