Österreich

Nach Sturm – jetzt droht Rekord-Hochwasser

Für Kärnten gibt es keine Entwarnung, im Gegenteil: Experten erwarten ein Hochwasser, wie es nur alle 30 bis 100 Jahre vorkommt.

Heute Redaktion
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Ein orkanartiger Sturm mit Windspitzen von bis zu 130 Stundenkilometer hat in der Nacht die Gemeinde Ferlach überrascht und schwere Schäden hinterlassen. Am Sonntagmittag zog das Bezirksfeuerwehrkommando Klagenfurt-Land eine erste vorläufige Bilanz: "Von den Feuerwehren waren an die 180 KameradInnen über den ganzen Vormittag im Einsatz. Etwa 90 Einsatzstellen wurden in dieser Zeit bewältigt."

Gegen Mittag beruhigte sich die Lage ein wenig, erste Helfer konnten wieder einrücken. "Eines ist aber vorab klar: Es gibt massive Schäden an Gebäuden, öffentlichen Verkehrswegen und vor allem im Forst", heißt es. 15 Häuser wurden allein in Ferlach beschädigt. Bewohner sind aufgerufen, sich möglichst nicht im Freien aufzuhalten.

Krisensitzung abgehalten

Bis zum frühen Nachmittag tagte der Landeskoordinationsausschuss, bei dem Experten mit Katastrophenschutzreferent Daniel Fellner zusammen über Schutzvorkehrungen und weitere Maßnahmen beraten haben. "Wir treffen alle nötigen Vorkehrungen um die drohenden Schäden so gering wie möglich zu halten", betonte Fellner. Noch seien es Prognosen, die sich ändern könnten. "Es soll keine Panik entstehen – wir wollen aber zur Sicherheit der Kärntner Bevölkerung bestens vorbereitet sein."

Markus Hudbonik, Katatsrophenschutzbeauftragter des Landes Kärnten, betonte: "Die nötige Absenkung der Drau-Stauseen ist durchgeführt worden. Das große Ziel muss es jetzt sein, den Durchlauf der Wassermassen in Lavamünd zu reduzieren um die Schäden möglichst gering zu halten."

Hochwasser, wie es nur alle 30 bis 100 Jahre vorkommt

Paul Rainer von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) spricht von einem gewaltigen Ereignis, das auf Kärnten zukommt. Am Montag am Vormittag sei zwar leichte Entspannung zu erwarten, die Niederschläge und Sturmböen könnten danach aber noch einmal Spitzenwerte erreichen.

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Große Hochwasserabflüsse beginnend bei Oberdrauburg erwarten die Experten aus der Abteilung 12 des Landes Kärnten. Es müsse mit einem 30- bis 100-jährlichen Hochwasser gerechnet werden.

Evakuierungen denkbar

"Vor allem an der Drau, Möll, Lieser und Gail wird die Hochwassergefährdung mit hoch und sehr hoch eingeschätzt. Der Schwerpunkt der Abflüsse wird für Montag und Dienstag erwartet", heißt es beim Hochwasserwarnrservice vom Land Kärnten. Georg Fejan, Bezirkshauptmann von Wolfsberg, betonte: "Aufgrund der derzeitigen Prognosen rechnen wir damit, dass die Drau in Lavamünd über die Ufer treten wird. Erstmaßnahmen zum Objektschutz wurden bereits gesetzt. Weitere Entscheidungen, auch über mögliche Evakuierungen im Bereich des Drauspitzes, werden anhand der Entwicklung der Situation getroffen."

Der Föhnsturm im Bereich Ferlach beschäftigt den Klagenfurter Bezirkshauptmann Johannes Leitner: "Die Bilder ähneln denen nach dem Sturmtief 'Yves' aus dem Vorjahr." Die Schäden seien beträchtlich, könnten aber noch nicht beziffert werden.

Die Feuerwehren sind gut vorbereitet, versichert der stellvertretende Feuerwehrkommandant Kärntens Dietmar Hirm. 63 Einsätze von insgesamt 46 Feuerwehren habe es heute bereits gegeben. Schwerpunkt waren die Aufräumarbeiten nach dem Föhnsturm in Ferlach. In Einsatzbereitschaft stehen aber auch Polizei, Rotes Kreuz, Bundesheer und die Kelag.

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Keine Entwarnung vor Dienstag

Das Wetter scheint aktuell verrückt tatsächlich zu spielen: In den Nordalpen bläst stürmischer Südföhn, der die Temperaturen auf mehr als 20 Grad steigen lässt. Auf den Bergen gibt es enorme Mengen an Neuschnee. Im Gegensatz dazu setzt sich die Starkregenlage in Osttirol und Kärnten nach Angaben der Österreichischen Unwetterzentrale (UWZ) fort, zu den bereits gefallenen rund 200 Litern Regen pro Quadratmeter kommen nach einer kurzen Verschnaufpause ab Montagvormittag weitere 100 bis 150 Liter pro Quadratmeter hinzu.

Rund 200 Liter pro Quadratmeter sind seit Samstag schon in Oberkärnten zusammengekommen. Eine Station am Plöckenpass, die vom Hydrografischen Dienst Kärnten betrieben wird, hält mittlerweile sogar schon bei mehr als 300 Litern pro Quadratmeter. "Doch selbst da geht noch mehr, in der benachbarten italienischen Region Friaul melden die Messkübel lokal schon knapp 400 l/m²", berichtet UBIMET-Chefmeteorologe Manfred Spatzierer. "Bis Montagfrüh setzt sich der gewittrig durchsetzte Regen fort, bis dann sind weitere 50 bis 100 l/m² zu erwarten."

So viel hat es alleine von Samstag Mitternacht bis Sonntag 9 Uhr geregnet:

Plöckenpass - 304 Liter/Quadratmeter

Würmlach - 218 Liter/Quadratmeter

Nassfeld - 208 Liter/Quadratmeter

Kötschach-Mauthen - 194 Liter/Quadratmeter

Jauken 175 Liter/Quadratmeter

Oberdrauburg - 140 Liter/Quadratmeter

Nach einer vorübergehenden Wetterberuhigung mit nur wenig Regen in den Stunden von Montagfrüh bis zum frühen Vormittag setzt ab ca. 9 Uhr von Italien her erneut zunehmend kräftiger, gewittrig durchsetzter Regen ein. Bis Dienstagfrüh sind in ganz Osttirol und Oberkärnten nochmals 80 bis 120 Liter pro Quadratmeter, in den Karnischen Alpen lokal auch bis zu 150 l/m² möglich. Dann steigt auch die Gefahr von Überflutungen, Vermurungen und Hangrutschungen deutlich an.

Montag Föhnsturm im Norden

Im Tagesverlauf greift der Südföhn mit Sturmböen und zum Teil sogar schweren Sturmböen bis in viele Täler der Nordalpen durch. "Am stärksten wird der Föhn in den klassischen Föhntälern wie etwa dem Brandnertal, dem Wipptal, im Großraum Innsbruck und in den Tauerntälern", so der Meteorologe. "Böen zwischen 80 und 100 km/h sind hier durchaus möglich."

In der Folgenacht zieht dann das Tief vom Golf von Genua genau über die Alpen nordwärts, dann kommt es nahezu im gesamten Land zu Sturmböen. Im sonst wenig windanfälligen Süden können Böen bis zu 100 km/h erreicht werden, hier drohen Schäden wie beispielsweise umgestürzte Bäume.

Extrem hohe Temperaturen

Mit dem Föhn steigen die Temperaturen am Montag an der Alpennordseite auf außergewöhnlich hohe Werte, am wärmsten wird es vom Tiroler Unterland über das Salzkammergut Salzburg und Oberösterreichs bis ins Mostviertel. In diesen Regionen werden bis 24 Grad erreicht, warm wird es aber auch im östlichen Flachland mit 20 bis 22 Grad. "Von den Oktoberrekorden bleiben wir aber doch ein ganzes Stück entfernt, diese wurden meist zu Beginn eines Oktobermonats aufgestellt", so Spatzierer weiter.

In den kommenden Tagen geht es mit dem föhnigen Herbstwetter weiter. Die Temperaturen bleiben somit speziell nördlich des Alpenhauptkamms auf einem weit überdurchschnittlichen Niveau. Ein Kälteeinbruch ist in der kommenden Woche auch nach dem Monatswechsel jedenfalls nicht in Sicht.

(red)