Krach der Giganten
Universal entfernt weitere Millionen Songs von Tiktok
Das Musiklabel und die Videoplattform sind im Lizenzstreit noch weit von einer Einigung entfernt. Das Thema KI spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Einen Monat, nachdem der Musikgigant Universal Millionen von Songs von Tiktok abgezogen hat, geht der Streit der Giganten in die nächste Runde. Nun muss Tiktok weitere vier Millionen Lieder von der Plattform entfernen, wie unter anderem der "Tages-Anzeiger" berichtet.
Jetzt sind auch Songs von Harry Styles (30) oder Adele (35) weg, die zwar nicht bei Universal unter Vertrag sind, deren Musik wohl aber von dem Label vertrieben wird. Sämtliche Tracks von Songwritern, die vertraglich in irgendeiner Form mit Universal verbandelt sind, werden ebenfalls entfernt. Eine Einigung im Lizenzen-Krach ist nach wie vor nicht in Sicht.
„Alles deutet darauf hin, dass sie ihre Musik einfach nicht wertschätzen.“
Das Unternehmen ist überzeugt, dass Tiktok eine Strategie verfolge, die KI-generierte Musik priorisiere. In so einem Fall würde nicht nur Universal, sondern auch andere Labels auf Tiktok immer kleinere Stücke des Kuchens abbekommen, da die Social-Media-Plattform kaum mehr Lizenzgebühren bezahlen müsste. Erneut weist Universal in einem Statement von Ende Februar darauf hin, dass menschliche Künstlerinnen und Künstler vor den schädlichen Auswirkungen von KI geschützt werden müssten.
Tiktok testet eigenen KI-Sound
Bereits jetzt testet Tiktok KI-Anwendungen innerhalb seiner App. Mit dem Feature "AI Song" können Nutzer innerhalb kürzester Zeit eigene Musik für ihre Videos erstellen. Dafür kann zwischen den Musikrichtungen Pop, Elektro oder Hip-Hop gewählt werden. In der Testphase soll sich auch eine App befinden, die aus einem aufgezeichneten Summen einen ganzen Song kreieren kann.
Ob Tiktok künftig komplett ohne Musiklabels agieren wird, steht allerdings noch in den Sternen. Universal wird sich mit der Frage beschäftigen müssen, ob seine Musik auf den Werbebooster Tiktok verzichten kann. So sind doch einige Hits von der Plattform befeuert worden und viral gegangen.
James Blake: "Die Branche ist am Ar***"
Das Thema "viral gehen" scheint im Musikbusiness eine eigene Währung geworden zu sein. So schrieb Sänger James Blake (35) am Wochenende auf Instagram: "Die Branche ist am Ar***. Und die Musikschaffenden am allermeisten." Streamingdienste und Tiktok würden nicht richtig bezahlen, Labels würden immer größere Anteile fordern und nur noch darauf warten, dass ein Lied viral gehe. Touren sei zu teuer geworden.
„Wenn wir gute Musik wollen, muss irgendwer dafür bezahlen.“
Einer anonymen Quelle zufolge soll Tiktok immer noch bereit sein, einen neuen Deal auszuhandeln, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" schreibt. Die Plattenbosse von Universal warfen Tiktok in einem offenen Brief vor, keinen fairen Preis zahlen zu wollen. Ein Prozent der jährlichen Einnahmen von insgesamt zehn Milliarden US-Dollar stamme von Tiktok. Das sei ein Bruchteil davon, was andere große Plattformen zahlten. Das neue Angebot von Tiktok wäre noch schlechter gewesen.
Kritik am Tiktok-Vergütungssystem
Kritik am Tiktok-Vergütungssystem gibt es schon länger aus der Musikindustrie. Tiktok bezahlt nicht wie etwa Spotify nach Nutzung von Songs, sondern pauschal Einmalzahlungen. Bei kleinen Plattformen ist das üblich, Tiktok wurde aber in kurzer Zeit zum Giganten.
Insgesamt bekam die Musikindustrie laut Goldman-Sachs-Bericht im Jahr 2022 rund 190 Millionen Franken von Tiktok, deutlich mehr als von Youtube-Shorts mit 108 Millionen, aber weniger als von Peloton Music mit 230 Millionen. Tiktok soll im selben Jahr rund zehn Milliarden Dollar Werbeeinnahmen erzielt haben.