Coronavirus
Ungeimpfte vertrauen Promis mehr als der Regierung
Experten der Uni Wien zeigen, dass eine Impfkampagne kaum mehr Nutzen bringen würde – denn das Vertrauen in die Regierung ist im Keller.
Hätte Richard Lugner die Bundespräsidentschaftswahl 2016 (oder 1998) gewonnen, könnte sich die Politik wohl über höhere Vertrauenswerte freuen – zumindest was das Lager der Ungeimpften angeht. Denn sie vertrauen Prominenten mehr als der Bundesregierung, trauen Nina Proll und Co. also mehr als Medizinern wie Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein.
Die Bundesregierung war es auch, der es nicht gelang, rund 17 Prozent der Österreicher von der Wirksamkeit der Corona-Impfung zu überzeugen. Mit Samstag, 0 Uhr, tritt deswegen die Impfpflicht als Ultima Ratio in Kraft. Offenbar vertrauen nicht genug Menschen den Experten und Gesundheitsbehörden.
Wer in Corona-Sachen wem vertraut, hat nun eine Befragung der Universität Wien genauer unter die Lupe genommen. Das "Austrian Corona Panel Project" hat dazu 1.524 Österreicher ab 14 Jahren danach gefragt, wie sehr man bestimmten Personen vertraut – auf einer Skala von 1 bis 10. Abschließend sollte noch (anonym) der Impfstatus angegeben werden.
Gute Vertrauensbasis in Ärzte
Lässt man den Impfstatus der Befragten vorerst einmal weg, genießen das größte Vertrauen Ärzte und Gesundheitspersonal. Insgesamt 71 Prozent gaben hier einen Wert im Vertrauensspektrum (6 bis 10) an. Knapp dahinter folgen Experten und Wissenschafter mit 70 Prozent, schon etwas abgeschlagen sind die Gesundheitsbehörden mit 61 Prozent.
Um weg vom Souverän zu kommen: Auf Familie und Verwandtschaft vertrauen 55 Prozent, auf Freunde und Bekannte 45 Prozent. Lehrpersonal genießt das Vertrauen von 42 Prozent der Befragten, die Bundesregierung 36 Prozent, Vorgesetzte und Arbeitskollegen 25 Prozent. Am unteren Ende rangieren Prominente und Religiöse Führungspersönlichkeiten mit jeweils 12 Prozent.
Promis bei Ungeimpften vor Regierung
Schaut man sich das Stimmverhalten unterteilt in Geimpfte und Ungeimpfte etwas genauer an, tun sich aber große Unterschiede auf. Am deutlichste wird das bei den Gesundheitsbehörden. Während der durchschnittliche Vertrauenswert der Geimpften 6,7 beträgt, liegt er bei den Ungeimpften bei nur 2,2. Ähnlich groß ist die Diskrepanz bei Ärzten und Gesundheitspersonal (3,6 zu 7,5), Experten und Wissenschafter (3,5 zu 7,4) und natürlich der Bundesregierung (1,2 zu 4,6).
Etwas geringer ist die Differenz bei Familie und Verwandtschaft (4,7 zu 5,9), Freunde und Bekannte (4,2 zu 5,4), dem Lehrpersonal vertraut man fast gleichermaßen (4 zu 4,7), Vorgesetzten und Arbeitskollegen geben Ungeimpfte im Schnitt 2,8 Vertrauenspunkte, Geimpfte 4,3.
Am allerwenigsten vertrauen Ungeimpfte wie Geimpfte Prominenten (1,2 zu 2,6) und Religiösen Führungspersönlichkeiten (1,5 zu 2,2). Interessant ist dabei, dass Ungeimpfte den Pfarrern, Imamen und Co. mehr vertrauen als der Bundesregierung (1,5 zu 1,2). Auch Prominenten wird im Mittel mehr Glauben geschenkt: Gerundet liegt der Wert je bei 1,2, in der Grafik lässt sich aber ein knapper Vorsprung für die Promis erkennen.
Impfkampagnen wirkungslos
Das Fazit der durchführenden Kommunikationswissenschaftler: "Unsere Ergebnisse zeigen also, dass offizielle Impfkampagnen – insbesondere jene, die auf Kommunikation und Information seitens der Bundesregierung, etablierter Expert*innen oder auch Gesundheitsbehörden setzen – in der Gruppe der ungeimpften Österreicher*innen nach zwei Jahren Corona-Krise nur noch eine begrenzte Wirkung zeigen können", so Jakob-Moritz Eberl und Barbara Prainsack.
"Obgleich im privaten Umfeld ungeimpfter Personen durchaus noch Potenzial vorhanden sein könnte den einen oder anderen freiwillig zu einer Impfung zu bewegen, können staatliche Bemühungen nicht auf der Bereitschaft des privaten Umfelds ungeimpfter Personen aufbauen. Letztlich lässt aber zumindest das vergleichsweise hohe Vertrauen in Lehrpersonen darauf schließen, dass Bestrebungen, um vor allem jüngere ungeimpfte Menschen kommunikativ zu erreichen, durchaus Lehrpersonen einbeziehen könnten."