Bei laufendem Betrieb wird die Justizanstalt Wien-Josefstadt derzeit saniert. Der 100 Millionen Euro Umbau dauert noch bis 2032, ist nicht nur für die Häftlinge eine Zumutung. Seit dem Herbst stört ohrenbetäubender Baulärm die Verhandlungen am angrenzenden Wiener Landesgericht.
Montag (7.4.) kam es am "Landl" zum Eklat. Ein Wiener (30) war wegen Kindesentziehung und nach dem Nazi-Verbotsgesetz angeklagt. Weil der 30-Jährige mit Drogenproblem ein Hakenkreuz-Tattoo hatte, gab es eine Geschworenenverhandlung.
"Toi, toi, toi, Schatzi! Wir stehen hinter dir", rief die Mutter des Angeklagten zu Beginn ihrem Sohn zu. Stemmeisen und Schlagbohrer übertönten drinnen im Saal jedes Wort. Schon von den Eröffnungsplädoyers war fast nichts zu verstehen, dagegen konnten auch Mikrofone und Lautsprecher nichts ausrichten.
Der Angeklagte soll im Jänner seiner ausgebüxten Nichte (11) Unterschlupf in seiner Wohnung gewährt haben. Die 11-Jährige war wieder einmal aus einer Wohneinrichtung der MA 11 ausgerissen, eine Suchaktion folgte – "Heute" berichtete.
Als die Polizei an die Tür des Onkels klopfte, versteckte sich das Mädchen in einer Bettzeuglade. Dort wurde sie von den Beamten entdeckt. Der Mann trat auf die Beamten ein, randalierte nach der Festnahme in der Zelle. Zuerst zerschlug er eine Lampe, mit den Scherben zerschnitt er einen Matratze. In die Wand soll er ein Loch geschlagen haben.
So weit, so schlimm – viel mehr gab es in der Verhandlung nicht zu hören. Schlagbohrer ließen die Wände zittern und den Saal dröhnen. "Die Baustelle geht bis um 5", sorgte ein Justizwachebeamter mit einem trockenen Kommentar für Lacher.
Das Publikum hielt sich die Ohren zu, die Richterin unterbrach die Verhandlung. "Aufgrund des Lärms ist kein faires Verfahren möglich. Ich kann Ihnen keine Schwurgerichtsverhandlung bieten. Wegen des Lärms würden sie ohnehin nichts hören." Zum ersten Mal wurde eine Verhandlung am "Landl" wegen des unerträglichen Lärms abgesagt. Der Verdächtige gegen "gelindere Mittel" enthaftet, er verpflichtete sich zu einer Drogentherapie. Die Unschuldsvermutung gilt. Weiter geht's nun am 18. Juni – dann hoffentlich ohne Störgeräusche.