Weltpolitik
Ukraine, Nato, Naher Osten – was macht Donald Trump?
Mit Trump wird sich die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik verändern. Roland Popp von der MILAK an der ETH Zürich über erwartbare Folgen.
Donald Trump, der designierte 47. Präsident der USA will das "goldene Zeitalter Amerikas" einläuten. Im Wahlkampf hat der 78-Jährige eine Fortsetzung seiner MAGA- und "America First"-Politik angekündigt. Entsprechend rechnen die meisten Beobachter mit massiven Veränderungen in der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik.
"Ich würde damit rechnen, dass der amerikanische Druck auf Europa erheblich zunehmen wird, sowohl bezüglich Ukraine-Krieg als auch der chinesischen Herausforderung", sagt Historiker und Sicherheitsanalyst Roland Popp.
"Es droht ein vollständiger Wirtschaftskrieg"
Gleichzeitig befürchtet er, dass Europa massiv an Selbstbestimmung verlieren wird. "Die sicherheitspolitische Abhängigkeit von den USA ist nicht so einfach zu kappen, man hat die erste Präsidentschaft Trumps als Ausnahme betrachtet – ein schwerer Fehler. Europa ist offensichtlich nicht einmal fähig, eine kompetitive Rüstungsindustrie aufzubauen."
„In Trumps Amerika kommen die 'Asia Firsters' ans Ruder.“
In Trumps Amerika würden kommendes Jahr die "Asia Firster" ans Ruder kommen, so Popp weiter. Sprich: Die Amerikaner konzentrieren sich nur noch auf China und Asien und schreiben Europa mehr und mehr ab, das sicherheitspolitisch aber weiterhin voll von den USA abhängig ist.
Unter Trump werde der Kurs gegenüber China noch konfrontativer werden als unter dessen Vorgänger Joe Biden. "Vieles spricht dafür, dass ein vollständiger Wirtschaftskrieg droht."
"Europäer können sich auf etwas gefasst machen"
Derzeit ist zwar noch völlig offen, wer im kommenden Jahr Trumps Außenminister werden soll. Als vielversprechender Favorit gilt Elbridge A. Colby (Geburtsdaten unbekannt). Dieser gilt als Hardliner: "Ohne Frage ist China die größte externe Herausforderung für Amerika – bei weitem", sagt er gerne. "Sollte jemand wie Colby US-Außenminister werden, kann sich Europa auf etwas gefasst machen", sagt Popp.
„Ich rechne mit einer schleichenden Ablösung der amerikanischen Sicherheitsgarantien.“
Nicht, dass sich die USA unter Präsident Trump gleich aus dem gegenseitigen Verteidigungsbündnis Nato zurückziehen würden – "aber ich rechne mit einer schleichenden Ablösung der amerikanischen Sicherheitsgarantien".
Letztlich impliziere die Wahl Trumps für Europa eine weitere Dringlichkeit: "Die Europäische Union ist auf dem falschen Weg. Sie lehnt sich immer stärker an die USA an. Doch statt der transatlantischen Nibelungentreue muss ein eigener Weg her", sagt Popp. "Ansonsten droht ein Ende der europäischen Selbstbestimmung."
Friedensvermittler – "im Trump’schen Stil"
Fragt sich, wie Präsident Trump den Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten handhaben wird. Geht es nach ihm, will er beide Konflikte sofort beenden. Wie, hat Trump im Wahlkampf allerdings nicht beantwortet. "Ich nehme an, dass er sich als Friedensvermittler in Szene setzen wird – im Trump’schen Stil und den starken Mann markierend", sagt Popp.
„Mehr Waffen hätten nur einen temporären Effekt auf die Kriegslage.“
Gegenüber Israel werde Trump im Großen und Ganzen die Politik seines Vorgängers weiterführen, da man darin eigentlich gefangen sei. Entsprechend sieht Popp in naher Zukunft keine große Änderung der US-Strategie im Nahen Osten.
Würde Donald Trump in der Ukraine eine US-Niederlage hinnehmen?
Auch in der Ukraine seien den USA, ob nun republikanisch oder demokratisch regiert, weitgehend die Hände gebunden. "Selbst wenn die Ukrainer zusätzliche Waffen bekämen, würde das angesichts der drängenden ukrainischen Grundprobleme, vor allem dem Mangel an Soldaten, nur einen temporären Effekt auf die Kriegslage haben", sagt Popp.
Ob Washington das auch so sieht und seine Militärhilfen an die Ukraine im kommenden Jahr einstellt, bleibt abzuwarten. Denn: "Es ist schwer vorstellbar und wenig wahrscheinlich, dass Trump den Ukraine-Krieg einfach so abschreiben und eine dann auch amerikanische Niederlage hinnehmen würde."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Donald Trump plant eine Fortsetzung seiner «America First»-Politik
- Das werde Europa in Bezug auf den Ukraine-Krieg und den Umgang mit China erheblich unter Druck setzen, sagt Roland Popp von der MILAK an der ETH Zürich
- Die USA würden sich nicht aus der Nato zurückziehen
- Doch Popp sieht eine "schleichende Ablösung der amerikanischen Sicherheitsgarantien"
- Die Trump-Regierung werde ihren Fokus noch stärker auf Asien legen
- Trump wolle in den aktuellen Kriegen als Friedensvermittler auftreten, so Popp
- Der US-Kurs werde im Nahen Osten aber beibehalten werden, in der Ukraine nicht unbedingt