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Ukraine-Krieg: Jetzt auch Soldaten in Balkan-Krisenherd
Ein österreichischer Auslandsdiener in Bosnien berichtet über die Lage im Genozid-Ort. Man bereitet sich mit Präventionsmaßnahmen auf Schlimmeres vor.
Dennis Miskic (19) ist der erste österreichische Auslandsdiener im bosnischen Srebrenica. Seit Anfang September hilft er in verschiedenen Tätigkeiten im Gedenkstätte-Zentrum (Bosnisch: Memorijalni Centar Srebrenica) mit und lässt nun mit einer Botschaft aufhorchen, denn: Der Ukraine-Krieg – "Heute" informiert im Newsticker – zwingt auch die Bosnier zu Präventionsmaßnahmen. 500 EUFOR-Soldaten wurden nun zum Gedenkort einberufen.
EU-Friedenstruppen wurden in Nähe von Srebrenica stationiert
Insgesamt 500 EUFOR-Soldaten rücken nun in Bosnien und Herzegowina auf. Diese sollen in den kommenden Wochen die Ruhe und Stabilität erhalten. Der derzeitige Ukraine-Krieg erhöht auch in Bosnien das Sicherheitsrisiko.
Die Positionierung der Friedenskräfte ist ein Zeichen der EU an alle Bosnier, für ein sicheres Leben im Land zu sorgen. An der Integrität und Souveränität Bosniens soll sich laut der bosnischen Homepage der multinationalen Militärverbände der Europäischen Union trotz internationaler Gefechte nichts verändern.
Die EUFOR-Truppen befinden sich seit 2004 in Bosnien. Die Friedenstruppe besteht aus 3500 Mann, 600 davon finden sich momentan dort. Insgesamt sollen in Bosnien bald bis zu 1100 Friedenssoldaten stationiert werden. Sie kommen aus Österreich, Bulgarien, Rumänien sowie der Slowakei.
"Möchte meinen Teil zum Frieden beitragen"
Der gebürtige Wiener Dennis Miskic reichte im Vorjahr beim Außen- und Sozialministerium sein Anliegen ein, sich als österreichischer Wehrdiener bei der bosnischen Gedenkstätte zu engagieren – mit Erfolg. Bis Ende Juni unterstützt er das Zentrum des Gedenkortes tatkräftig. Während des Jugoslawienkrieges kam es in der bosnischen Stadt Srebrenica zu einem Völkermord. Tausende muslimische Bosnier wurden ermordet, die Gedenkstätte zählt 6000 Gräber. Laut dem Gedenkzentrum Srebrenica werden bis heute über 1300 Menschen vermisst.
Vor allem die Vergangenheit zog den 19-Jährigen in das Heimatland seiner Eltern. Er möchte verstehen, wieso viele Menschen aus dem unsinnigen Krieges nicht dazugelernt haben. "In Wien merkte ich leider, dass es noch immer viele Ex-jugoslawische Familien gibt, die nationalistisch eingestellt sind und ihr Gedankengut an ihre Kinder weitergeben", sagte der Wehrdiener im "Heute"-Talk über seine Kindheitserfahrungen in Österreich.
Social Media und das Bildungssystem würden ihren Teil dazu beitragen. "Der Genozid wurde während meiner Schulzeit nie thematisiert – als hätte er nie stattgefunden", sagte der Grundwehrdiener über Völkermord und den größten Krieg in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg.
Srebrenica "veränderte mich als Person"
Der 19-Jährige trägt in seinem Arbeitsalltag in Ostbosnien keine Uniform. "Ich interviewe Überlebende, suche mit weiteren Angestellten nach Gegenständen und präpariere diese, damit sie im Museum ausgestellt werden können", beschrieb der Wiener seinen Alltag. Darüber hinaus beteilige er sich an weiteren internationalen Projekten.
Der Grundwehrdiener empfahl allen, die Gedenkstätte zu besuchen: "Dieser Ort lässt einen nicht ruhig. Man spürt Verantwortung und ich kann definitiv sagen, dass mich diese Erfahrung schon jetzt als Person geändert hat", sprach der 19-Jährige über seinen Alltag in Srebrenica.
Die Erfahrungen in Srebrenica seien für den Wiener bereichernd. "Ein Botschafter sagte mir einmal, dass er das Gefühl hat, die Seelen der Verstorbenen würden ihn heimsuchen – genau so fühle ich mich auch", gestand Dennis Miskic im Gespräch mit "Heute".