Ukraine

Putin-Warnung im ORF: "Enormes destruktives Potenzial"

Militärexperte Franz-Stefan Gady analysierte am Montag im ORF die Lage im Ukraine-Krieg. Er warnt: die Russen dürften keinesfalls unterschätzt werden.

Roman Palman
Militärexperte Franz-Stefan Gady zu Gast in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. Oktober 2022.
Militärexperte Franz-Stefan Gady zu Gast in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. Oktober 2022.
Screenshot ORF

Als Vergeltung des Sprengstoff-Anschlags auf Wladimir Putins Prestige-Bauwerk, die Krim-Brücke, hat der Kreml-Despot seinen Zorn in einem Raketen-Hagel auf dem gesamten Gebiet der Ukraine ein schauderhaftes Gesicht verliehen. Bei den angeblichen Präzisionsangriffen wurden neben Einrichtungen der Energie-Infrastruktur auch in Kiew Parkanlagen, Spielplätze und andere zivile Einrichtungen getroffen. Selbst im westukrainischen Lemberg schlugen Raketen ein. Mindestens elf Menschen sollen dadurch getötet worden sein.

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    Das Feuer auf der Krim-Brücke ist nach Angaben der russischen Behörden durch die Explosion einer Autobombe ausgelöst worden.
    Das Feuer auf der Krim-Brücke ist nach Angaben der russischen Behörden durch die Explosion einer Autobombe ausgelöst worden.
    - / AFP / picturedesk.com

    Putin will gleich die nächste Eskalationsstufe gehen: auch Kreml-treue Machthaber Belarus', Alexander Lukaschenko, bereitet sein Militär auf Geheiß aus Moskau auf einen Kriegseinsatz im Nachbarland Ukraine vor.

    Im Studio der ZIB2 analysierte Montagabend schließlich der Militärexperte Franz-Stefan Gady vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) in London die schreckliche Eskalation im Ukraine-Krieg. "Diese Art des Angriffes muss langfristig geplant worden sein", zerstreut der Experte gleich zu Beginn die Narrative, dass die Raketen-Offensive ein reiner Racheakt Putins gewesen sein könnte. Stattdessen habe man seit Ende September Vorbereitungen auf so einen Angriff beobachten können.

    Militärexperte Franz-Stefan Gady zu Gast in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. Oktober 2022.
    Militärexperte Franz-Stefan Gady zu Gast in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. Oktober 2022.
    Screenshot ORF

    Die Energieversorgung mit Raketen zu zerstören, treffe die Ukraine jedenfalls sehr hart. "Das ist Teil einer größeren Zermürbungsstrategie, der russischen Streitkräfte weil sie auf der Front in der Defensive sind", erläutert Gady. Historisch gesehen, gebe es keine Indizien, dass die Raketen-Angriffe aber einen negativen Einfluss auf die Kampfmoral der Ukrainer haben werden.

    "Auf keinen Fall unterschätzen"

    Er warnt eindringlich davor, das jetzt als ein letztes Aufbäumen der russischen Armee zu sehen. "Das Allerwichtigste für die ZuseherInnen hier ist, zu verstehen, dass man die russischen Streitkräfte hier auf keinen Fall unterschätzen darf. Es gibt noch enormes destruktives Potenzial, das die russischen Streitkräfte noch aufbieten können." Es sei daher mit weiteren Raketen-Angriffen diesen Ausmaßes im ganzen Land zu rechnen.

    Über den Winter würden sich die Russen aber vermutlich einigeln und defensiv kämpfen wollen, um die eigenen Verbände über die kommenden Monate mit den frisch eingezogenen Soldaten aufzufüllen. Aber vor dieser sich ankündigenden Kältestarre könnte sich an der Front noch einiges bewegen: "Die Ukraine hat definitiv die Initiative und auch eine hohe Moral."

    Militärexperte Franz-Stefan Gady zu Gast in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. Oktober 2022.
    Militärexperte Franz-Stefan Gady zu Gast in der ZIB2 mit Martin Thür am 10. Oktober 2022.
    Screenshot ORF

    So gebe es für Gady auch kaum Zweifel, dass der Anschlag auf die Krim-Brücke nicht vom ukrainischen Geheimdienst orchestriert worden war. Damit sei eine wichtige Nachschubroute der Russen getroffen worden. Möglicherweise könne dies auch der Auftakt einer größere Gegenoffensive mit Stoßrichtung auf Melitopol im Oblast Saporischschja sein. Melitopol ist "ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Süden, der unbedingt von den Ukrainern eingenommen werden muss." Eine Rückeroberung würde die wichtigste andere Landverbindung zwischen Russland und der Krim unterbrechen und die Front teilen:

    Und was ist mit den jüngsten Einmarsch-Drohungen aus dem nördlichen Nachbarland Belarus? "Ich glaube nicht, dass das ein größeres operatives Problem für die ukrainischen Streitkräfte darstellen wird", zerlegt Gady die militärischen Fähigkeiten Belarus'. Lukaschenko würde sich "eher ins eigene Fleisch schneiden", weil sein  weißrussischen Soldaten schlecht trainiert seien.

    Das Problem sei eher, dass die Ukrainer derweil aber zur Sicherheit Einheiten im Norden zurückhalten müssen, um bei einem Einmarsch zur Stelle zu sein. Diese Kampfstärke fehle dafür an der Front mit Putins Truppen. Aber. "Als ukrainischer Kommandant würde ich mir keine Sorgen machen, dass Belarus eine Bedrohung darstellt."

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