Wirtschaft

"Stundungen, keine Mahnspesen" Wie Banken helfen sollen

Andreas Treichl kritisiert, dass auf Kreditseite seit Jahren spekulativ vorgegangen wird, während die Österreicher bei Anlagen konservativ agieren.

Heute Redaktion
Der frühere Erste-Group-CEO Andreas Treichl ist nun Aufsichtsratsvorsitzender der ERSTE Stiftung und seit 2021 ist Präsident des European Forum Alpbach.
Der frühere Erste-Group-CEO Andreas Treichl ist nun Aufsichtsratsvorsitzender der ERSTE Stiftung und seit 2021 ist Präsident des European Forum Alpbach.
iStock, Picturedesk, Montage "Heute"

Seit Monaten steigen die Zinsen bei Krediten. Jene, die sich ein Haus oder eine Eigentumswohnung gekauft haben und dafür einen Kredit mit variablem Zinssatz aufgenommen haben, trifft es besonders hart.

Zinsbelastung verdoppelt

Dass diese risikoreicher sind als fixverzinste Kredite, ist bekannt, doch mittlerweile hat sich die monatliche Zinsbelastung innerhalb eines Jahres etwa verdoppelt.

Wie das "Ö1-Morgenjournal" am Dienstag berichtete, können viele Kreditnehmer die finanzielle Lage nicht mehr stemmen. Starkstromtechniker Manuel Frank hat einen Kredit mit variablen Zinssatz aufgenommen und zahlte im Juni 2022 noch 1.000 Euro Kreditrate, mittlerweile sind es 1.800 Euro, hinzu kommt noch die vierteljährliche Soll-Zinslage von 3.200 Euro. Auch bei Christine P. sind aus der ursprünglichen Rate von 1.400 mittlerweile 2.300 Euro geworden.

"Absurde Situation"

"Das Problem ist größer, als es jetzt diskutiert wird. Wir haben in Österreich die absurde Situation, dass auf Kreditseite seit Jahrzehnten extrem spekulativ, aber auf Anlageseite extrem konservativ vorgegangen wird. Die Österreicher werden auf beiden Seiten getroffen", sagt Bankmanager Andreas Treichl im "Ö1-Morgenjournal".

Nach Angaben der Nationalbank sind nur sechs Prozent der Wohnbaukredite fix verzinst. AK-Expertin Gabriele Skubic ruft die Banken dazu auf, die betroffenen Kreditnehmer zu unterstützen.

"Das schlechteste Geschäft für eine Bank ist ein Kredit, der nicht zurückbezahlt wird. Also da werden sie den Kunden schon helfen wollen", meint Treichl.

300 Milliarden Euro an Bankeinlagen

Laut seinen Angaben liegen österreichweit derzeit 300 Milliarden Einlagen in den Banken. Pro Haushalt seien das im Durchschnitt 75.000 Euro. "Das ist kein Problem für Leute an der Armutsgrenze und kein Problem der Reichen, aber im Wesentlichen ein Problem der Mittelklasse. Diese verzeichnen seit 15 Jahren Jahr für Jahr Verluste", so der frühere Erste-Group-CEO.

Er fordert daher, dass in Österreich massiv an der Finanzbildung gearbeitet werden muss. Man müsse jungen Menschen die Möglichkeit geben, Eigentum aufzubauen und den Menschen helfen, die derzeit Probleme haben.

"Auf Stundungen verzichten"

Finanzminister Magnus Brunner trifft am Mittwoch Obmann Willibald Cernko von der WKÖ (Bundessparte Bank und Versicherung) zu einem Arbeitsgespräch. "Den Menschen, die derzeit Probleme haben, muss man helfen, das ist das Allerallerwichtigste", so Treichl. Was Banken kurzfristig tun können? "Das sind Stundungen, auf die Mahnspesen verzichten", schlägt der Top-Experte vor und erklärt: "Derzeit sind Fixkredite billiger als variable, also mit den Leuten reden, unter Umständen umschulden, ihnen die erhöhten Kosten, die sie derzeit haben, weitestgehend ausgleichen zu können."

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    Fotos: iStock; Sabine Hertel