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Top-Arzt in Millionen-Prozess um erschlichene Therapien
Spitzenmediziner Robert K. soll krebskranken Ausländern sündteure Behandlungen in Wien verschafft haben. Die Methode: Scheinfirmen und Asylanträge.
Zugegeben. Von diesem Angeklagten geht eine gewisse Faszination aus. Der 65-jährige Robert K. sieht Schauspieler Mario Adorf zum Verwechseln ähnlich. Sonore Stimme, sicheres Auftreten, feines Tuch - selbst in Begleitung von Justizwachebeamten verströmt er die Aura eines Mannes von Welt.
Seit sieben Monaten ist diese jedoch nur die wenigen Quadratmeter seiner U-Haft-Zelle in der Strafanstalt Josefstadt groß. Ungewohntes Terrain für einen der besten Mediziner der früheren Sowjetunion. K. ist in Armenien geboren, studierte an Moskauer Elite-Universitäten, ist Professor, renommierter Autor medizinischer Fachliteratur und hat 260 Patente angemeldet. Er ist ein Kapazunder der Chirurgie, aber auch in der Krebsforschung. Zuletzt solll er gar an der Grundlagenforschung des Corona-Impfstoffs Sputnik beteiligt gewesen sein.
Nun steht er aber wegen weniger glanzvollem Wirkens vor Richter Christian Böhm. Vertreten wird er von Spitzenjurist Andreas Reichenbach. Der Vorwurf: Zusammen mit dem gebürtigen Deutschen Frank S. soll er über Jahre hinweg das österreichische Gesundheitssystem um Millionenbeträge betrogen haben. Während S. teilgeständig ist, beteuert K. seine Unschuld.
Scheinfirmen als Eintrittskarte ins österreichische Gesundheitssystem
Die Taten folgten laut Staatsanwalt einem perfekt organisiertem Muster. K. versprach Krebs-Patienten aus dem russischen Raum oder deren sterbenskranken Kindern eine ebenso billige, wie gute Beandlung in Österreich. Diese kamen mit Touristenvisa oder einem "kreativen" Ansuchen um humänitares Bleiberecht (eine Art Asyl) nach Österreich. Sie unterschrieben eine Generalvollmacht mit der der juristische Autodidakt S. Kommanditgesellschaften gründete. Als voll haftender Gesellschafter traten englische "Limited"-Firmen auf, deren Vermögen nicht greifbar ist. Die Patienten waren nur Kommanditisten, deren Haftung minimal ist. Dennoch können solche Kommanditisten zu Mini-Beträgen von 40 bis 60 Euro im österreichischen Gesundheitssystem versichert werden. Was sofort getan wurde.
Waren die Formalitäten erledigt, verschaffte K. den Patienten Behandlungen im AKH und teure Medikamente auf Staatskosten. Um das System seriöser aussehen zu lassen, wurden sogar Webseiten der Scheinfirmen erstellt, auf denen freilich immer dasselbe Gesicht einer amerikanischen Version von Max Mustermann zu sehen war. Auf die Einrichtung von Bankverbindungen der Firmen verzichtete man - ein Fehler, wie sich später herausstellte. Denn so kamen Finanz und Kriminalisten dem Duo auf die Spur.
Im Mercedes zum Luxushotel
Während K. das System einen luxuriösen Lebenswandel ermöglichte und er einen großen Mercedes fuhr (seine Post ließ er sich ins Nobelhotel Ritz-Carlton am Wiener Ring schicken), will Komplize S. kurzgehalten worden sein. Dennoch gibt es auf seinem Handy Bilder von teure Urlauben - nicht der einzige Widerspruch in der Causa.
Während die Ermittler sich durch das Geflecht der Scheinfirmen (die Angeklagten bestreiten das) wühlten, fanden sie zudem noch eine kapitalintensive Nebenbeschäftigung, die wohl als Überbrückungsfinanzierung der beiden diente. K. machte nicht nur in Arzneien, sondern auch in Kaviar - Sojakaviar um genau zu sein. Für diese Idee warb er um Investoren, die teilweise Beträge von über 100.000 Euro investierten. Die Gewinnausschüttungen waren magerer. Unter den Gutgläubigen befindet sich auch die Familie eines burgenländischen Top-Winzers.
Kaviar als Zubrot
Als den beiden Angeklagten selbst der finanzielle Atem ausging, dürfte man zu noch dreisteren Methoden übergegangen sein. K. verfügte über fabrizierte Visitenkarten, die ihn als Leiter einer Abteilung im AKH auswiesen. Da er dort viele Ärzte kannte, drängte er sie recht forsch zu Zusatzbehandlungen seiner Patienten. Bis der Geduldsfaden riß und K. mehrfach aus dem Krankenhaus geworfen wurde.
Aufgrund der Vielzahl von Firmen, Patienten und Übersetzungsprozessen ist das Verfahren für mehrere Tage anberaumt. Der nächste Termin ist im März - bis dahin muss K. statt Kaviar mit Fisolengulasch und Bröselnudeln Vorlieb nehmen. Für beide Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.