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The Inpatient im Test: Das Problem des Prequels
"The Inpatient" für PlayStation VR gruselt über weite Strecken ganz schön. Das Ende leidet allerdings an der "Until Dawn"-Erfahrung.
60 Jahre bevor die Teenager in "Until Dawn" von einem dunklen Schrecken in der Berghütte in Blackwood Pines am verschneiten Mount Washington heimgesucht wurden, nahm das Horror-Drama bereits seinen Lauf. "The Inpatient" konzipiert für PlayStation VR, soll zeigen, wie es zu den Geschehnissen kam, um die sich "Until Dawn" drehte. Und das ist auch eines der Probleme des neuen VR-Titels.
Doch von Anfang an. Jahrzehnte vor "Until Dawn" findet sich der Spieler im mysteriösen Blackwood-Sanatorium wieder. Dieses Mal nicht nur als Regisseur der Entscheidungen, die man in "Until Dawn" zu treffen hatte, sondern als direkter Protagonist in der virtuellen Welt und aus der Ich-Perspektive. Geschlecht und Hautfarbe der Figur kann man auswählen, viel Unterschied im Verlauf des Spiels macht das VR-gemäß aber sowieso nicht.
Zumindest: Blickt man an sich herab, sieht man den eigenen virtuellen Körper. Ein passendes Detail für den Titel. Und auch wenn man unter Amnesie leidet, prasseln auf den Spieler direkt zu Beginn Dutzende Hinweise und Details ein, aus denen sich nach und nach ein Bild zusammensetzen lässt, was genau passiert ist.
Eines der besten VR-Horror-Games
Der Geschichtenaufbau kann sich in "The Inpatient" sehen lassen, die Atmosphäre ist düsterer als jene von "Until Dawn" und die schaurigen Geschehnisse sind fast chirurgisch präzise ins Spiel eingefügt. Von den undurchschaubaren Charakteren bis hin zum besonders beeindruckenden 3D-Sound ist "The Inpatient" eine der beeindruckendsten PSVR-Horror-Erfahrungen bisher.
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Gesteuert werden kann die Figur entweder über den Dualshock- oder die Move-Controller. Vor allem die Steuerung mit den Move-Controllern ist dabei anfangs gewöhnungsbedürftig, weil nicht unbedingt eingängig. Nach dem Tutorial hat man immerhin Zeit, um die Steuerung zu üben, man wieder in das eigene Zimmer im Sanatorium gesperrt wird.
Sound als starkes Argument
Neben den bereits erwähnten und perfekt umgesetzten Sound-Effekten erfolgt ein nicht unwesentlicher Teil der Steuerung auch über die eigene Sprache. Andere Spielfiguren reagieren auf Zurufe beziehungsweise Ansprache und verraten auf Nachfrage weitere Details zu Vorkommnissen. Nie zuvor geriet man in VR derart in Versuchung, tatsächliche Gespräche mit Spielfiguren zu führen, zwingend notwendig für stille Spieler ist das Reden aber nicht. Aber sehr zu empfehlen! Weiterer Bonuspunkt: Die Sprachausgabe sowie Mimik und Gestik der Charaktere sind auf den Punkt getroffen.
Schade, dass die Story selbst nur rund zwei Stunden dauert. Und auch wenn sie großteils grandios umgesetzt wurde, leidet sie am Ende doch unter dem eingangs erwähnten Prequel-Problem. Zumindest für "Until Dawn"-Kenner. Auch wenn sich die Story wieder durch den "Butterfly"-Effekt, bei dem die Antworten und Handlungen des Spielers die Geschehnisse verändern, über den Spielverlauf durchaus ändert, steuert das Spiel auf einen im Kern gemeinsamen Höhepunkt hin. Und wer "Until Dawn" kennt, der weiß zumindest ungefähr, worauf die Story hinausläuft. Den Tipp geben wir ungern, aber wer "Until Dawn" noch nicht kennt, sollte "The Inpatient" auf jeden Fall davor durchspielen, um sich nicht selbst zu spoilern. Positiv ist aber, dass "The Inpatient" weit mehr und unterschiedlichere Enden bietet, als es "Until Dawn" tat.
Warum "The Inpatient" trotzdem hervorsticht
Trotz aller Kritik und gelegentlich auftretenden Problemen bei der Kameraerfassung (bei zwei Durchspiel-Gameplays gab es rund ein Dutzend Ruckler oder Grafikfehler) ist "The Inpatient" ein großartiges Game. Die Story ist filmreif umgesetzt und passt trotz verschiedener Enden perfekt zur Handlung der "Fortsetzung" namens "Until Dawn". Die VR-Grafik ist fantastisch, die Effekte bedienen sowohl Augen als auch Ohren und statt billiger Schockmomente gibt es psychologischen Horror, der für Paranoia sorgt.
Entschädigt wird man für die vermeintlich kurze Spieldauer damit, dass das Spiel nicht nur durch die verschiedenen Enden einen Wiederspielwert bietet, sondern eben auch durch die Dauer, die es für einen Durchgang benötigt. Ein Spiel mit einer Länge von zehn Stunden und mehr wird man vielleicht trotz guter Erfahrungen nicht mehr angreifen, eines mit einer "portionierten" Dauer von zwei Stunden lädt aber geradezu dazu ein.
So oder so: Vergleicht man "Until Dawn" und "The Inpatient" fühlte man sich im ersten Titel wie ein Zuschauer in einem interaktiven Film. "The Inpatient" schafft es dagegen aber großartigerweise, dass wir uns tatsächlich wie der Patient des Blackwood-Sanatoriums fühlen und den Horror nicht beobachten, sondern erleben.