Politik
Text-Aufreger bei Hymne – "Musik kann man ja lassen"
Die Landeshymnen von gleich vier Bundesländern gelten als "historisch belastet". Die neue Aufreger-Forderung: Musik lassen, aber den Text ändern!
Geht es nach der "Interessengemeinschaft Autorinnen Autoren", müssten gleich vier Bundesländer neue Landeshymnen bekommen. Während in Salzburg eine komplette Neufassung von Text und Musik notwendig sei, brauche man in Oberösterreich und Niederösterreich nur einen anderen Text. In Kärnten würde die Streichung einer Strophe reichen, heißt es in dem Schreiben der IG an die jeweiligen Landeshauptleute. Kritik kam umgehend aus den Bundesländern. So hieß es etwa von der FPÖ und dem Team Kärnten, die Hymne bedeute "Geschichte und Identität" und dürfe "kein Objekt für kleinkarierte parteipolitische Spielchen darstellen". Anders sieht das Gerhard Ruiss, Sprecher der IG Autorinnen Autoren.
In der ORF-"ZIB3" in der Nacht auf Dienstag sorgte der Experte für einen Aufreger, indem er die Hymnen-Diskussion so richtig lostrat. Zur Kritik sagte er: "Naja, zum Glück reagieren ja diejenigen, die das jetzt kritisieren, nicht immer und überall. Wir erwarten uns ja nicht, dass sofort jetzt alle in Ohnmacht fallen und sagen, wir müssen dringend jetzt unsere Hymnen ändern. Aber was wir uns erwarten, ist eine Diskussion darüber. Es gibt diesen Änderungsbedarf tatsächlich nicht der Kärntner Hymne zum Beispiel. Die Kärntner Hymna hat ja drei Strophen, die ja ganz in Ordnung sind, wie sie sind." Das große Aber: Die vierte Strophe stamme von einer belasteten Autorin und schließe die slowenische Bevölkerungsgruppe aus.
„"Weil gerade aus diesem Grund müsste man eigentlich die Hymne ändern, damit alle Stolz auf dieses Land und diese Hymne sein können"“
"Das heißt, diese Dinge muss man ernst nehmen, die kann man nicht nur so mit Stolz auf unsere Hymne beantworten. Weil gerade aus diesem Grund müsste man eigentlich die Hymne ändern, damit alle Stolz auf dieses Land und diese Hymne sein können", so Ruiss. Dass sich die Kärntner Slowenen noch nie über die vierte Strophe beschwert hätten, das "kann alles sein, weil die Diskussion ja nie geführt wird. Die Diskussionen passen nie, sie kommen immer zur Unzeit, niemand will sie, jeder erklärt sie dann für ein Politikum. Tatsache ist aber, hier handelt es sich um Symbole der Länder und des Staates. Es sind geschützte Symbole, und mit denen muss man halt anders umgehen, als darauf zu beharren und zu sagen, 'so war es halt'."
"Nein, diese vierte Strophe in Kärnten, die ist äußerst martialisch, und die schreibt etwas fest, was so nicht war", so Ruiss. Aus Oberösterreich wiederum hieß es, dass der Autor antisemitisch belastet sei, dass der Text aber wichtig sei, um auch die Schattenseiten der Geschichte zu überliefern. Ein Argument, das der Experte nicht gelten ließ: "Na, wie wollen Sie das mitüberliefern? Wollen Sie eine Zusatztafel anbringen beim Gesang? Das ist ja das Dilemma dieser Hymnen, sie können das nicht." Die Überlegungen kämen "nicht aus dem Nichts", sondern seien "recht gründlich" erfolgt. "Die Musik kann man ja lassen", so Ruissm die Lösung wäre eben ein anderer Text für die Hymnen.
„"Wir haben ein Problem damit, dass Hymnen was anderes transportieren, als sie transportieren sollten"“
Heimat sei kein neutraler Begriff, Heimat sei Identität, so Ruiss, das wolle man auch gar nicht löschen, im Gegenteil: Man habe immer vertreten, dass es Zusatztafeln etwa bei Straßennamen geben solle, die über die Bedeutung aufklären würden. Seine "Lieblingsidee": "Alle im Land oder auch in anderen Bundesländern mit anderen Hymnen zu beschäftigen, damit, wer sind wir, wer sollen wir sein, wer wollen wir sein, wo kommen wir her, wo gehen wir hin." Und das "zeitgenössisch", nicht "mit dem ganzen Ballast der Geschichte", so der Experte. Man habe kein Problem damit, dass Hymnen pathetisch seien, "wir haben ein Problem damit, dass Hymnen was anderes transportieren, als sie transportieren sollten".