Niederösterreich
Teuerungen und Kredite – Bauwirtschaftsgipfel in NÖ
"FMA und Bundesregierung müssen an einigen Stellschrauben drehen", so Landesrat Jochen Danninger (VP) beim Gipfel.
Am Freitag hat auf Initiative von Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger ein Gipfel der Bauwirtschaft in Niederösterreich stattgefunden.
„Für Niederösterreich als Wirtschaftsraum, Arbeitsplatz und auch Lebensraum ist es heute und in der Zukunft wichtig, dass sich Menschen die Schaffung von Eigenheimen leisten können. Dazu müssen FMA und Bundesregierung an einigen Stellschrauben drehen“, betonte Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (VP) beim Bauwirtschaftsgipfel des Landes Niederösterreich. Am Gipfel nahmen neben Wirtschaftskammer Niederösterreich-Präsident Wolfgang Ecker, Univ.-Prof. Christian Helmenstein, Leiter des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung, Stefan Graf, Fachvertretungsvorsitzender der Bauindustrie Niederösterreich, Erwin Krammer, stellvertretender Landesinnungsmeister der Bauwirtschaft und ecoplus Geschäftsführer Helmut Miernicki teil.
"Große Herausforderung für junge Menschen"
„Besonders junge Menschen stellt die Finanzierung ihres Eigenheimes vor große Herausforderungen. Zu steigenden Zinsen und höheren Baukosten erschwert auch eine Richtlinie der FMA die Schaffung von Eigenheimen. Wir halten diese Richtlinie für unverhältnismäßig, weil sie für viele Menschen viel zu hohe Hürden aufbaut und so jungen Familien die Möglichkeit auf ein Eigenheim nimmt und damit gleichzeitig die regionale Bauwirtschaft um mögliche Aufträge umfällt. Wir sehen bereits heute, dass die Kreditvergaben deutlich zurückgehen“, so Danninger. Der Landesrat sieht den Bund zudem bei der Wiedereinführung der Absetzbarkeit von Ausgaben zur Wohnraumschaffung und beim Entfall der Gebühren bei der Eintragung ins Grundbuch gefordert.
Starker Anstieg der Immobilienpreise
Univ.-Prof. Christian Helmenstein, Leiter des Economica Instituts, betont den starken Anstieg der Immobilienpreise innerhalb der vergangenen Jahre im Verhältnis zum Nettoeinkommen der Bevölkerung: „Junge Menschen in Niederösterreich müssen heute im Schnitt ihr 22-faches Nettojahreseinkommen aufwenden, um sich eine Eigentumswohnung leisten zu können. Zusätzlich zu den Leitzinsanhebungen der Notenbanken erhöhen neue regulatorische Vorgaben die Finanzierungskosten für neuen Wohnraum nun noch stärker. Der Erwerb von Wohneigentum wird somit für immer mehr Haushalte unleistbar. Dementsprechend sind die Neukreditvergaben im August auf das Niveau des Jahres 2014 eingebrochen. Hier bedarf es einer regulatorischen Reform, die Kreditvergaben einfacher möglich macht.“
Das sagt WKNÖ-Präsident
„Ein leistbares Eigenheim in Niederösterreich ist eng mit der niederösterreichischen Bauwirtschaft verknüpft. Durch ein gebautes Einfamilienhaus werden nicht nur 2,7 Jobs pro Jahr geschaffen, sondern auch eine Wertschöpfung von 511.200 Euro generiert. Dazu kommen Renovierungen und Restaurierungen von bestehenden Häusern. Leistbares Eigenheim ist daher wichtig für die regionale Wertschöpfung und eine aktive Bauwirtschaft. Diese garantiert in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten Stabilität. Damit Eigentum auch in Zukunft leistbar bleibt, muss an vielen Rädchen gedreht werden. Insbesondere braucht es die Wiedereinführung des Absetzbetrages für Wohnraumschaffungs-Projekte“, zeigt Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, die Bedeutung leistbaren Eigenheims für den niederösterreichischen Wirtschaftsstandort auf.
"Für viele Menschen Lebenstraum"
Stefan Graf, Geschäftsführender Gesellschafter des niederösterreichischen Baukonzerns Leyrer + Graf und Fachvertretungsvorsitzender der Bauindustrie Niederösterreich, erklärte: „Der Bau eines eigenen Hauses zählt für viele Menschen zu einem ihrer Lebensträume und ist zugleich aber auch eine der größten Investitionen im Leben. Die niedrigen Zinsen der letzten Jahre, verbunden mit einer expansiven Geldpolitik haben das Bauen in den letzten Jahren begünstigt, was zusätzlich die Attraktivität von Immobilien als Wertanlage gesteigert hat. Pandemie und Krieg haben derzeit disruptive Auswirkungen auf die Stabilität des Wirtschaftssystems und beschleunigen mit ihren starken Störungen der Liefer- und Produktionsketten die Entwicklung in Richtung Inflation, was wiederum weitere Kostenspiralen in Gang setzt. Für den Weg hinaus muss dieser Teufelskreis durchbrochen werden – und das erfordert Leistungsorientierung und Eigenverantwortung. Dafür steht Niederösterreich und das sichert Wohlstand und damit auch die Leistbarkeit des Eigenheims.“ Graf fordert deswegen eine Förderung dieser Prinzipien durch Anreize in der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik.
Appell an öffentliche Hand
Erwin Krammer, Landesinnungsmeister-Stv. der Landesinnung Bau, unterstrich die Wichtigkeit der Bauwirtschaft: „Die Kostenentwicklungen der letzten Zeit setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen. Um leistbares Wohnen auch zukünftig gewährleisten zu können, gilt es daher, diese gemeinsam zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Die Bauwirtschaft ist selbstverständlich gerne bereit, ihren Teil dazu beizutragen, beispielsweise bei der Identifizierung von Einsparungspotenzialen in den bestehenden Regelwerken. Wichtig ist uns, festzuhalten, dass die Baubetriebe nicht von der aktuellen Situation profitieren, sondern ebenfalls den steigenden Gestehungskosten unterliegen. Die Baubranche ist und war, insbesondere in den letzten Jahren, ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Volkswirtschaft und Garant für regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Da im ersten Halbjahr 2023 mit einem deutlichen Abflachen der Baukonjunktur zu rechnen ist, appellieren wir daher an die öffentliche Hand, hier ausgleichende Maßnahmen zu setzen.“
"Hat direkten Einfluss auf Lebensqualität"
„Als Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich unterstützen wir im Rahmen unserer Cluster Branchen und Themen, die für den Wirtschaftsstandort von Bedeutung sind – die heimische Bauwirtschaft zählt seit über 20 Jahren dazu. Sie steht nicht nur für viele tausend Arbeitsplätze, sondern leistbarer Wohnraum hat auch direkten Einfluss auf die Lebensqualität der Menschen und ist ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, wo man in Zukunft leben und arbeiten möchte. Daher tragen alle Maßnahmen zur Förderung von leistbarem Bauen und Sanieren auch zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts bei“, informierte ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki.