Wirtschaft
Teuerung beim Einkaufen kostet jede Familie 760 Euro
Fast vier Milliarden für nix! Laut einer Studie blättern wir heuer ein Vermögen hin, ohne dafür mehr zu bekommen. Grund – die horrende Inflation.
Von Essen und Trinken über Möbel und Technik bis hin zu Mode und Sport: Allein die Preisaufschläge in den Shops kosten uns heuer 3,7 Milliarden, ohne dass wir dafür mehr im Einkaufskorb hätten. Pro Haushalt sind das 760 Euro nur zur Abgeltung der Inflation. Zu diesem Schluss kommt der Marktexperte Andreas Kreutzer von Kreutzer, Fischer und Partner, der im Auftrag des Handelsverbands eine Prognose für 2022 erstellt hat.
Ungerechtfertigte Preiserhöhungen
Was Kreutzer auch festgestellt hat: So gut wie alle Hersteller und Dienstleister nutzen die unüberschaubare Lage, um unbemerkt und zum Teil auch ungerechtfertigt Preise zu erhöhen. Das betrifft laut dem Experten zum Beispiel Airlines. Die lassen sich nicht nur den teureren Flugbenzin abgelten, sondern schlagen selbst noch ein paar Prozente drauf. Auch die Gastronomie lässt sich demnach nicht lumpen. "2022 wird für Preiserhöhungen benutzt, die man in den letzten Jahren nicht durchgebracht hat", zieht Kreutzer Bilanz.
Unterm Strich verliert allerdings auch der Handel, da bisher nur einen Teil der Teuerung der Produzenten an die Endverbraucher weitergegeben wurde, etwa aus Angst, Kunden zu vergraulen. "Der Handel kriegt oft zu Unrecht die Watschen", meint Kreutzer. Denn: Als letztes Glied in der Wertschöpfungskette obliegt es den Händlern, die Preiserhöhungen an den Mann (und die Frau) zu bringen.
Handel verliert real 0,3 Prozent
Für heuer sieht Kreutzer jedenfalls schwarz. Nominell dürften der Einzelhandel 2022 zwar rund 73,5 Milliarden Euro und damit 5 Prozent mehr als 2021 umsetzen. Allerdings frisst die Inflation das gesamte Plus. Unterm Strich bzw. real dürfte sich nur ein Minus von 0,3 Prozent ausgehen.
Nicht jeder ist aber heuer laut der Prognose ein Verlierer. So wird etwa der Modehandel nach dem finanziellen Horrorjahr 2021 voraussichtlich auf ein Plus von real (also bereinigt um die Inflation) 17,3 Prozent zurückblicken können. Der Sporthandel darf sich wohl über +12,0 Prozent freuen, wobei die Zunahmen fast ausschließlich dem boomenden E-Bike-Absatz geschuldet ist. Gesundheit & Körperpflege könnte auf +2,8 Prozent, Haus & Garten auf immerhin +0,8 Prozent kommen.
Lebensmittelhandel büßt am meisten ein
Auf der Verliererseite steht der Lebensmittelhandel ganz oben. Hier dürfte der Umsatz real um 5,8 Prozent einbrechen. Der Möbel- und Einrichtungshandel verliert wohl 3,5 Prozent, die Technik-Branche (Elektrogeräte & IT) 2,9 Prozent.
"Wegen der hohen Inflation sehen sich immer mehr Haushalte gezwungen, bei den Einkäufen zu sparen. Pandemiebedingte Nachholeffekte haben sich leider als Strohfeuer herausgestellt", bedauert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. "Von einer Rückkehr zum Konsumverhalten wie vor Corona kann keine Rede sein, vielmehr schmilzt die Kaufkraft der Menschen rapide." Will rechnet deshalb damit, dass bis Jahresende rund 6.000 Händler für immer zusperren werden, weil sich ihr Geschäft nicht mehr lohnt.
44 Prozent leiden an "Financial Long Covid"
Einer der Gründe ist die Gas- und Stromkrise. "Jeder zweite Einzelhändler in Österreich sieht sich aufgrund der exorbitanten Energiepreise, der hohen Rohstoffkosten und des massiven Personalmangels in Existenzgefahr. Die Branche verzeichnet heuer bereits mehr Insolvenzen als in den Jahren 2020 und 2021 zusammen, die Schließungen nehmen ebenso breitflächig zu. 44 Prozent aller Betriebe leiden an Financial Long Covid", schlägt Will Alarm.
In diesem Zusammenhang kritisiert Will das angekündigte Hilfspaket für energieintensive Betriebe. Entgegen der Ankündigung der Regierung würden praktisch keine Handelsbetriebe unter diese Regelung fallen. Dabei würde das EU-Recht durchaus eine Förderung von Unternehmen erlauben, deren Energierechnung sich mehr als verdoppelt hat.