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Teenager schwänzen Schwimmunterricht wegen Bodyshaming

Schüler fehlen oft, wenn es ins Hallenbad geht. Ein deutscher Sportlehrer bezeichnet Schulschwimmen für viele Jugendliche als größte Zumutung.

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Ein Sportlehrer bezeichnet Schulschwimmen für viele Jugendliche als die größte Zumutung, die man ihnen antun kann (Symbolbild).
Ein Sportlehrer bezeichnet Schulschwimmen für viele Jugendliche als die größte Zumutung, die man ihnen antun kann (Symbolbild).
Getty Images

Ausflüge ins Hallenbad mit der Klasse erleben Teenager zunehmend als Qual. "Schulschwimmen ist für viele Jugendliche die größte Zumutung, die man ihnen (mental) antun kann", schrieb Hendrik Haverkamp, Sportlehrer aus Nordrhein-Westfalen kürzlich auf Twitter.

Keine Sportart produziere eine vergleichbare Abwesenheitsquote im Sportunterricht. Immer, wenn das Schulschwimmen verpflichtend sei, litten Schülerinnen und Schüler, die mit ihrem Körper nicht im Reinen seien, unter großen psychischen Belastungen.

Die Schüler begründen ihr Fehlen laut Haverkamp damit, dass sie das gemeinsame Umziehen vor Mitschülerinnen und -schülern, die enge, körperbetonte Badebekleidung und das Fast-Nackt-Sein vor der Lehrkraft teilweise als Demütigung und als schamauslösend empfinden. Dazu hätten sie Angst vor fiesen Kommentaren zum vermeintlich nicht perfekten Körper.

"Ich ziehe einfach den Bauch ein"

Rund die Hälfte von über 2.000 Teilnehmenden einer nicht repräsentativen "20-Minuten-Umfrage gibt an, dass es ihr unangenehm sei, sich vor der Klasse in der Badehose zu zeigen. Eine Straßenumfrage in Zürich bestätigt das Bodyshaming-Problem. "Ich ziehe einfach den Bauch ein, wenn wir mit der Klasse schwimmen gehen", sagt Lina (14), ein schlankes, junges Mädchen.

"Eine kurvige Figur und ein flacher Bauch so wie Madison Beer (US-amerikanische Sängerin, Anm. der Red.) ist das Ideal." Ihre Kollegin Gwendolyn (14) sagt, dass sie nach dem Schwimmen sofort das Badetuch umwickle. "Ich mache es aber eigentlich nur, weil es alle anderen Mädchen so machen."

Charlotte (12) kommt bald in die erste Sekundarstufe. "Ich bin klein und noch nicht so entwickelt wie die meisten Mädchen", sagt sie. "Ich habe Angst, dass ich in der neuen Klasse gemobbt werde, wenn wir zum Beispiel im Sommer mit dem Sport ins Schwimmbad gehen." Das hat Antonije (18) schon erlebt. Er sei in der Schule von anderen ausgelacht worden. "Sie nannten mich 'Stock', weil ich halt nicht ins Fitness pumpen ging."

Auch andere Jungen im Teenageralter berichten, sie seien im Schwimmunterricht von Kollegen als "zu dünn" bezeichnet worden. "Es war für mich darum manchmal etwas peinlich, mit der Klasse schwimmen zu gehen", so ein 13-Jähriger.

Figur sei heute Grund fürs Fehlen

Morena Diaz, Primarlehrerin und Body-Positivity-Influencerin, kennt das Phänomen. "Früher fehlten Mädchen im Schwimmunterricht oft, weil sie die Periode hatten. Heute ist die Figur der Grund." Manche hielten sich für zu dick oder ihren Körper für zu kindlich und hätten Angst, verspottet zu werden. Auch Jungs mieden wegen ihres Körpers oft den Sportunterricht im Hallenbad. Durchtrainierte Körper lägen im Trend. "Sie schämen sich in der Badehose vor der Klasse, weil sie glauben, sie hätten zu wenig Muskeln."

Viele Jugendliche erfuhren auch Bodyshaming durch Lehrpersonen, so Diaz. "Es kommt nicht selten vor, dass die Sportlehrerin oder der Sportlehrer sagt, sie sollten sich für eine bessere Figur mehr bewegen." In der Badehose oder im Badeanzug fühlten sich die Teenager umso mehr solch kritischen Blicken ausgesetzt.

"Neo24" schreibt in einem Kommentar über das Schwimmen mit der Klasse: "Für die Mädchen ist es die Hölle. Es muss freiwillig sein." Auch Sportlehrer Hendrik Haverkamp und Morena Diaz unterstützen in höheren Jahrgängen eine freiwillige Teilnahme. Diaz: "Gleichzeitig sollte die Lehrperson das Thema Bodyshaming aber mit der Klasse besprechen." So bestünde die Chance, dass die Jugendlichen wieder teilnähmen und vor Spott keine Angst mehr hätten.

"Nicht dem neusten Trend nachrennen"

Die Absenzen sind auch beim Lehrerverband ein Thema. "Die idealisierten und bearbeiteten Fotos auf Social Media verunsichern Schülerinnen und Schüler zusätzlich, sodass sich manche mit der Klasse im Hallenbad unwohl fühlen", sagt Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des Schweizer Lehrerverbands (LCH). Doch eine freiwillige Teilnahme sei nicht die Lösung.

"Das Fach Mathematik zum Beispiel ist auch nicht freiwillig, weil dieses für einige Schülerinnen und Schüler unangenehm ist." Gefragt sei viel pädagogisches Geschick. "Die Lehrperson sollte mit Jugendlichen, die immer wieder fehlen, das Gespräch suchen und das Problem ernst nehmen."

Laut Peterhans gibt es auch andere Maßnahmen: "Helfen kann nämlich auch, bei der Wahl der Badehose oder des Badeanzugs, nicht dem neusten Trend nachzurennen, sondern etwas zu tragen, das zu einem persönlich passt." Zudem hielten sich die Schülerinnen und Schüler vor allem im Wasser auf. "An Land gibt es immer noch die Möglichkeit, für die Instruktionen ein Badetuch um den Körper zu wickeln."

Manche Schülerinnen stecken negative Reaktionen einfach weg. Sie sei sehr groß für ihr Alter, sagt Alejandra (12). Mittlerweile sei ihr egal, was die anderen über sie dachten. "Es gibt immer jemanden, der hübscher oder weniger hübsch ist. Perfekt sieht niemand aus, weil es ein ideales Aussehen gar nicht gibt."

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