Coronavirus
Taub durch Corona: Immer mehr Langzeitfolgen bekannt
Geruchs- und Geschmacksverlust, chronische Erschöpfung, Herz- und Gehirnschäden: Nun ist eine neue Folge des Coronavirus bekannt.
Ob er je wieder hören kann, ist offen: Im Fachjournal "British Medical Journal" berichten Mediziner von einem Mann, der im Zuge seiner Erkrankung mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 sein Gehör verloren hat.
Nachdem der 45-Jährige zehn Tage an Covid-19-Symptomen gelitten hatte, wurde er ins Spital eingeliefert, wo er sofort auf die Intensivstation kam und während 30 Tagen intubiert wurde. Gleichzeitig erhielt er Remdesivir, Steroide sowie zahlreiche weitere Medikamente.
Zudem musste sein Blutplasma ausgetauscht werden. Erschwert wurde die Behandlung durch das plötzliche Auftreten von Lungenembolien, Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie), Blutarmut sowie einer durch die Beatmung aufgetretenen Lungenentzündung.
Kein Einzelfall
Die Behandlung schlug zwar an und der Patient konnte schon bald auf eine normale Station verlegt werden. Doch dann bemerkte er einen linksseitigen Tinnitus, dann einen plötzlichen Hörverlust. Die Ärzte checkten sein Ohr – doch sie konnten keine Blockaden oder Entzündungen feststellen.
Er wurde mit Steroidtabletten und Injektionen behandelt, wonach sich sein Gehör teilweise erholt hat, jedoch nicht vollständig, so die Mediziner.
"Dies ist der erste berichtete Fall von sensorineuralem Hörverlust nach einer Covid-19-Infektion in Großbritannien", halten die Forschenden fest. Der erste weltweit ist es jedoch nicht, wie Kevin J. Munro vom Manchester Centre for Audiology and Deafness bereits im Juli 2020 im "International Journal of Audiology" berichtete. Demnach kommt eine Beeinträchtigung des Hörvermögens bei 13,2 Prozent ehemaliger Covid-19-Patienten vor.
Laut der Studie, in welche die Daten von 138 Ex-Corona-Patienten zwischen 44 und 82 Jahren eingeflossen sind, haben vor allem Männer nach der vermeintlichen Genesung dauerhaft mit Tinnitus oder Hörverlusten zu kämpfen.
Nicht von Schwere des Verlaufs abhängig
Dass auch Frauen gegen diese Langzeitfolgen nicht gefeit sind und selbst symptomlose Covid-19-Verläufe dazu führen können, zeigt unter anderem der Fall der Amerikanerin Meredith Harrell. Bei ihr wurde die Sars-CoV-2-Infektion nur nachgewiesen, weil die Ärzte die Ursache für das plötzliche Klingen im Ohr suchten.
"Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt", zitiert CNN.com Harrell, deren Hörfähigkeit bislang nicht wiederhergestellt werden konnte. "Ich hoffe, die Leute verstehen endlich, dass Corona kein Witz ist."
Schlimmer als andere Viren
Zwar können die Ärzte auch in ihrem Fall nicht mit Sicherheit sagen, dass das Virus das Innenohr befällt, weil bei der Durchführung einer Biopsie des Innenohrs das Risiko besteht, das Gewebe zu schädigen. Doch Untersuchungen von Personen, die infolge einer Covid-19-Infektion verstorben sind, sprechen eine deutliche Sprache.
So konnte das Virus bei zwei der drei Leichen im Mittelohr und den Mastoidknochen im Schädel, der sich direkt hinter dem Ohr befindet, nachgewiesen werden. Die Studie wurde im Fachjournal "Jama Otolaryngology – Head and Neck Surgery" veröffentlicht.
Matthew Stewart von der Johns Hopkins University in Baltimore (US-Bundesstaat Maryland), der die Autopsie durchgeführt hat, erklärte gegenüber CNN, dass Viren wie Masern, Mumps und Meningitis dafür bekannt sind, mitunter plötzliche Hörverluste zu verursachen. "Aber ich bin der Meinung, dass Sars-CoV-2 das Potenzial hat, schlimmer zu sein." Man wisse ja, dass es Blutgerinnsel in anderen Bereichen des Körpers auslöst und offenbar auch vor den "extrem kleinen Blutgefäßen" im Innenohr keine Ausnahme macht.
Der gleichen Meinung ist auch Kevin Munro: "Die Kapillaren im Innenohr sind die kleinsten im menschlichen Körper, sodass es nicht viel braucht, um sie zu blockieren."