"Großes Problem"
Syrer zu Bezahlkarte: "Das Geld reicht nicht aus"
In mehreren Gesprächen erzählen Asylwerber über ihre Erfahrungen mit der Sachleistungskarte in NÖ – die Kritik ist groß.
Die Plattform #zusammenHaltNÖ lud am Dienstag zu einem Pressegespräch – dabei wurde auch über die Einführung der Asylbezahlkarte in Niederösterreich debattiert und informiert.
Mitglieder der Initiative hatten im Vorfeld Gespräche mit Betroffenen zur NÖ-Bezahlkarte geführt, die Gespräche wurden je nach Deutschkenntnissen der Gesprächspartner mit Übersetzungssoftware über E-Mail oder direkt geführt.
"Können kein Ticket kaufen"
Herr S. aus Syrien erzählt: "Das Geld, das täglich auf die Karte gebucht wird, reicht für einen Tag nicht aus. Wir können nicht in allen Geschäften einkaufen. Wir müssen uns hier, wo ich derzeit wohne, auf Geschäfte wie Spar, Billa und Penny beschränken. Wir wissen, dass es günstigere Geschäfte gibt. Es gibt kein Geld für persönliche Angelegenheiten, wie z.B. Friseur. Darüber hinaus ist es ein großes Problem, von dem Ort, in dem wir leben, nach St. Pölten zu fahren. Einige Freunde wohnen dort und wir haben Erledigungen dort, wie auch das Besuchen eines Deutschkurses. Wir haben Termine in St. Pölten oder Wien, die wir für unser Asylverfahren brauchen. Doch leider können wir kein Ticket kaufen."
Herr B., Syrien, 25 Jahre alt, sagt: "In der Stadt gibt es viele günstigere Geschäfte für Kleidung, Schuhe, Haushaltsgegenstände oder Halal-Lebensmittel in arabischen Geschäften, bei denen wir nun nicht mehr einkaufen können."
"Probleme sind vielfältig"
"Die Probleme mit dieser Karte sind vielfältig. Oftmals kommt das Geld zu spät und dann sind die Geschäfte schon geschlossen", erklärt wiederum Herr K. aus Kolumbien, er ist 26 Jahre alt.
Kein Fahrradkauf möglich
Drei junge kurdische Männer aus der Türkei im Alter von 23, 25 und 26 Jahren wollten sparen, um sich gemeinsam ein Fahrrad kaufen zu können. Sie sind jetzt enttäuscht darüber, dass ihnen dieser Wunsch durch die Bezahlkarte verwehrt werde.
"Manchmal Angst, krank im Kopf zu werden"
Herr E. aus Afghanistan, 28 Jahre, sagt: "Bis die Taliban gekommen sind, habe ich am Bau gearbeitet. Mein Bruder ist neben mir getötet worden. Danke an Österreich. Ich bin hier sicher. Jetzt lerne ich intensiv Deutsch. Ich möchte einen Beruf erlernen, vielleicht bei einer Baufirma. Ich hoffe, in Österreich bleiben zu können. Seit der Bezahlkarte ist alles schwieriger. Ich kann nicht mehr Zug- und Busfahren, mir nicht die Haare schneiden lassen. Der Deutschkurs in St. Pölten war schwierig, weil ich keine Fahrkarte kaufen konnte. Der Hilfsverein hat mir Geld gegeben und jetzt bezahlt die Schule (BhW – ein überparteilicher Verein für Erwachsenenbildung) die Fahrkarte. Ich kann nichts tun, nicht arbeiten, keine Freunde besuchen, weil ich keine Fahrkarte habe. Manchmal habe ich Angst, krank im Kopf zu werden."
"Hoffe ein nützlicher Mensch zu sein"
Frau F. aus dem Iran ist 30 Jahre, war in ihrer Heimat Friseurin und möchte ihren Beruf in Österreich gerne wieder ausüben. Jedoch sie ist gesundheitlich eingeschränkt: „Ich habe Darmprobleme und muss Medikamente in der Apotheke kaufen und das ist jetzt schwierig. Ich habe durch den Druck des iranischen Regimes alles verloren. Ich hoffe, in diesem Land akzeptiert zu werden und ein nützlicher Mensch zu sein.“
Empfehlungen der Plattform
Sollte das Land NÖ beim eigenen Model bleiben, hat #zusammenHaltNÖ folgende Empfehlungen: Die Karte sollte für den gesamten Lebensmittelhandel, Drogeriemärkte, einschließlich kleiner Geschäfte, Sozialmärkte und Secondhand-Läden funktionieren. Sie sollte unbedingt in Apotheken und zum Ankauf von Tickets des öffentlichen Verkehrs benützt werden können. Zudem wäre eine Bankomat-Funktion für günstige Online-Käufe, wie z.B. auf willhaben, hilfreich.
Die Landes-FPÖ verteidigte die Bezahlkarte immer als sehr gute Lösung: "Als erstes Bundesland haben wir das Pilotprojekt erfolgreich eingeführt und rollen die Sachleistungskarte für Asylwerber jetzt auf ganz NÖ aus. Als verantwortungsvolle Politiker haben wir die Interessen der eigenen Landsleute in den Vordergrund zu stellen und das sind sicher nicht Geldgeschenke für Asylwerber", sagte LH-Stellvertreter Udo Landbauer in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Asyllandesrat Christoph Luisser (beide FP) bereits im Sommer.
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Auf den Punkt gebracht
- Asylwerber in Niederösterreich kritisieren die Sachleistungskarte, da das darauf gebuchte Geld oft nicht ausreicht und sie nur in bestimmten Geschäften einkaufen können.
- Die Plattform #zusammenHaltNÖ empfiehlt, die Karte für den gesamten Lebensmittelhandel, Drogeriemärkte, Apotheken und den öffentlichen Verkehr nutzbar zu machen sowie eine Bankomat-Funktion für günstige Online-Käufe zu integrieren.