Gesundheit

Studie: Männer finden sich intelligenter als sie sind

Männer neigen dazu, sich zu überschätzen, Frauen stellen ihr Licht oft unter den Scheffel. Warum ist das so? Ein Psychologe klärt auf.

Sabine Primes
Es gibt kein "schlaueres Geschlecht".
Es gibt kein "schlaueres Geschlecht".
Getty Images/iStockphoto

Wenn man sie bittet, ihre eigene Intelligenz einzuschätzen, werden die meisten Menschen sagen, dass sie überdurchschnittlich intelligent sind, auch wenn dies statistisch gesehen unwahrscheinlich ist. Dies ist eine normale, gesunde kognitive Verzerrung und gilt für jede sozial erwünschte Eigenschaft wie Ehrlichkeit, Fahrkönnen usw. Dieses Muster ist so verbreitet, dass es als "Better-than-Average-Effekt" oder "Above-Everage-Effekt" oder "Überdurchschnittlichkeitssyndrom" bezeichnet wird. 

In einer kürzlich durchgeführten Studie untersuchte der Psychologe David Reilly von der Griffith University in Brisbane (Australien), wie 105 Männer und 123 Frauen aus unterschiedlichen Ländern ihre eigene Intelligenz bzw. ihren IQ (Intelligenzquotient) einschätzen. Danach wurde der IQ mittels Test gemessen. Das Ergebnis: Männer sind genauso intelligent wie Frauen. Dennoch glauben viele Männer, sie seien klüger als der Durchschnitt – also nicht nur klüger als Frauen, sondern auch als andere Männer. "Männer neigen dazu, ihre eigene Intelligenz erheblich zu überschätzen, während Frauen die ihrige unterschätzen", so Reilly. 

Kulturelle Vorurteile

Der Grund dafür liege laut dem Wissenschaftler unter anderem an kulturellen Vorurteilen. Bereits im Kindesalter würden Buben als intelligenter eingeschätzt als Mädchen. In manchen Kulturkreisen hält sich dieses Klischee nach wie vor und verhilft Männern öfter in machtvollere Positionen als Frauen – auch bei gleicher Qualifikation. "Frauen sind genauso fähig wie Männer. Ihnen fehlt aber oft das Selbstvertrauen, um höhere Positionen anzustreben."

Geschlechtsspezifische Unterschiede im Selbstwertgefühl könnten ebenfalls ein wichtiger Faktor sein, da Menschen mit einem höheren Selbstwertgefühl dazu neigen, alle Aspekte ihres Lebens (einschließlich ihrer intellektuellen Fähigkeiten) positiver zu sehen. Mädchen und Frauen schätzen ihr allgemeines Selbstwertgefühl deutlich niedriger ein als Jungen und Männer. 

Es gibt kein "schlaueres Geschlecht"

Psychologen und Intelligenzforscher sind sich einig: Männer und Frauen unterscheiden sich nicht im tatsächlichen IQ. Es gibt kein "schlaueres Geschlecht". Doch erst mit der Entwicklung objektiver Messverfahren zur Beurteilung der Intelligenz wurde diese Auffassung entkräftet. Früher glaubte man, Frauen seien intellektuell minderwertig, weil sie einen etwas kleineren Schädel hätten. Größer ist nicht unbedingt besser, wenn es um die Größe des Gehirns geht. Im letzten Jahrhundert haben sich die Geschlechterstereotypen stark verändert. Heute werden die meisten Menschen, wenn sie ausdrücklich gefragt werden, zustimmen, dass Männer und Frauen gleich intelligent sind.

Formen der Intelligenz

Reilly spricht in diesem Zusammenhang auch von "Formen der Intelligenz", die mit dem biologischen Geschlecht zusammenhängen. "Frauen erzielen auf der ganzen Welt meist wesentlich mehr Punkte als Männer, wenn es um Lesen, Schreiben, Rechtschreibung und Grammatik geht. Allerdings werde die Kluft zwischen Männern und Frauen beim Lesen kleiner, je größer die Geschlechtergerechtigkeit in ihrem Land ist. Es wäre also falsch zu sagen, der Unterschied hinge nur mit dem biologischen Geschlecht zusammen. Er hat auch mit der Kultur zu tun."

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