Wien
Geldtrick beim Strom-Tarif wird Fall für die Justiz
Durch die hohen Strompreise wechseln immer mehr Kunden zum billigen Grundversorgungs-Tarif. Die Energieversorger sperren sich aber gegen diesen Trick.
Die Energiepreise explodieren weiter. Seit im Oktober ein mächtiger Einspar-Trick in Form der wenig bekannten Grundversorgung mit Strom und Gas (siehe Infobox unten) unter anderem durch den Verbraucherschutzverein VSV einer breiten Masse öffentlich wurde, gibt es einen Ansturm auf die günstigen Tarife der Energieversorger.
Der Clou: der angebotene Tarif der Grundversorgung "darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl ihrer Kunden, die Verbraucher sind, versorgt werden."
Gibt es also bei einem Energieanbieter noch viele Bestandskunden mit einem alten und deutlich günstigeren Tarif, können über den rechtlichen Kniff der Grundversorgung erhebliche Einsparungen im Vergleich zu Neukundentarifen erzielt werde.
Und: Berufen sich Verbraucher und Kleinunternehmer gegenüber einem Energieversorger darauf, sind diese ohne Wenn und Aber verpflichtet, den Vertrag abzuschließen und den Verbraucher mit elektrischer Energie zu beliefern. Doch das passiert vielfach nicht, wie jetzt der VSV neuerlich aufdeckt.
"Wild-West-Stimmung am Energiemarkt"
Denn ganz offensichtlich steigen die Energieversorger nun insgeheim auf die Barrikaden und setzen alles daran, Kunden vom Umstieg auf den rechtlich verpflichtend anzubietenden Billig-Tarif abzuhalten.
"Energieversorger erklären ihre normalen Vertragstarife zu Grundversorgungstarifen und führen damit die Grundversorgung ad absurdum. Kontrollen der E-Control finden offenbar nicht statt", donnert VSV-Obmann Peter Kolba, der "eine Art Wild-West-Stimmung am Energiemarkt" ausmacht.
Jetzt klagen die Verbraucherschützer eine ganze Reihe an Missständen an:
➤ Die Energie Graz verlange als Beweis der "Bedürftigkeit" die Vorlage einer GIS-Befreiung. Das allerdings "ohne jede gesetzliche Grundlage".
➤ Besonders in Wien und Niederösterreich würden sich die Energieversorger in ähnlichen Fällen auf "verfassungswidrige Landesgesetze" berufen. Man biete Versorgung zum Vertragstarif an, daher habe man keinen Anspruch auf Grundversorgung, so der Tenor laut VSV.
➤ Die KELAG nehme wieder nur Anträge aus dem Stamm-Bundesland Kärnten an.
➤ Der Verbund habe "still und leise" den Arbeitspreis für Kleinunternehmer beim Strom von rund 16 Cent auf rund 64 Cent je Kilowattstunde angehoben.
VSV zieht für Kunden vor Gericht
Jetzt will der VSV vielfach gegen dieses Geschäftsgebaren juristisch vorgehen. Zahlreiche Klagen zur Durchsetzung der Grundversorgung würden bereits vorbereitet.
"Erste Klagen gegen den Verbund sind bei Gericht. Weitere in Vorbereitung. Denn der Verbund hat noch einen moderaten Grundversorgungstarif für Verbraucher, verweigert aber zunehmend die Annahme der Anträge zur Grundversorgung", so Kolba dazu. Mittlerweile vertrete der VSV die Interessen von rund 500 Kunden in dieser Sache. Betroffene können sich auf der Webseite des Vereins für die Sammelaktion anmelden.