Wien

Strafzettel für Taxler – MA35 verweigert den Pass

Die Kritik an der Einwanderungsbehörde reißt nicht ab. So gibt es keine Auskunft zu Fällen, Gesetze werden zum Nachteil der Betroffenen ausgelegt. 

Heute Redaktion
Es wird nicht ruhig rund um die Wiener Einwanderungsbehörde: Nun äußert auch die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch Kritik an den Vorgängen.
Es wird nicht ruhig rund um die Wiener Einwanderungsbehörde: Nun äußert auch die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch Kritik an den Vorgängen.
Willfried Gredler-Oxenbauer / picturedesk.com

Ein Jahr Wartezeit auf einen Termin, lange Verfahrensdauer, fehlende Rückrufe: Die MA35 sieht sich aktuell mit massiven Vorwürfen konfrontiert. Nun präsentierte die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch einen umfassenden Prüfbericht zu "Problemen und Missständen" in der Einwanderungsbehörde.

"Wünsche mir, nie wieder etwas mit der MA35 zu tun zu haben"

Das Fazit: Die bisherigen Reformschritte seien "bei weitem" nicht ausreichend, um "die erdrückenden Probleme, Verzögerungen und Schikanen" zu lösen. "Unerträgliche Wartezeiten, unzureichende oder gänzlich fehlende Kommunikation und teilweise auch Fehlverhalten von Mitarbeitern sind noch immer an der Tagesordnung", kritisiert SOS-Sprecher Alexander Pollak. Bei vielen Antragstellern sei die Angst lange auf wichtige Bescheide warten und dadurch Konsequenzen für das Arbeits- und Familienleben, die Teilhabe und die Aufenthaltssicherheit in Kauf nehmen zu müssen.

Die NGO SOS Mitmensch präsentierte einen Prüfbericht über die MA35 – und übt scharfe Kritik an der Behörde.
Die NGO SOS Mitmensch präsentierte einen Prüfbericht über die MA35 – und übt scharfe Kritik an der Behörde.
SOS Mitmensch

Rechtsanwältin Julia Ecker spricht von ihren "durchwachsenen" Erfahrungen: "Vor einiger Zeit habe ich im Scherz einmal gesagt: Bei der MA 35 kann wirklich alles passieren, aber ganz oft passiert auch einfach nichts. Und tatsächlich kann man diese Einschätzung leider auch weiterhin noch aufrechterhalten." "Von der MA 35 wünsche ich mir, nie wieder etwas mit ihr zu tun zu haben", erzählt auch ein Betroffener. "Das ist ein zusätzlicher Grund, warum ich die Staatsbürgerschaft beantrage, weil ich dann als Staatsbürger keinen Schritt mehr in die Behörde setzen muss."

Kein Pass für Taxler wegen Strafzettel

"Ersuchen um Rückrufe werden ignoriert", so Ecker. Gesetzte werden oft "übermäßig streng" ausgelegt. "Bei mir war ein Taxilenker, der seit Jahren ein Gewerbe selbstständig betreibt. Er fährt täglich mit dem Auto. Es passiert, dass er ein- oder zweimal pro Jahr eine Verwaltungsübertretung begeht und 10 km/h zu schnell ist. Das alleine wird dem Taxifahrer auf Jahre davon ausschließen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen", so die Anwältin. SOS Mitmensch fordert eine Neuaufstellung der Behörde.

"Mangelhafte Kommunikation" und "unprofessionelles Verhalten"

Für den Zwischenbericht – das Endergebnis steht noch aus – befragte SOS Mitmensch 22 Experten, Betroffene und MA 35-Verantwortliche. Zu den größten Kritikpunkten zählen Wartezeiten von bis zu zwei Jahren, "mangelhafte Kommunikation", der Verlust von Dokumenten, die unübersichtliche und nicht barrierefreie Online-Aufbereitung sowie "unprofessionelles und als diskriminierend empfundenes Verhalten einzelner Mitarbeiter".

Kleine Fortschritte habe es laut SOS Mitmensch nur in Teilbereichen – etwa durch zusätzliche Mitarbeiter, die Digitalisierung und die Telefon-Hotline – gegeben. Das löse allerdings nicht das Problem, wie Rechtsanwältin Ecker erklärt: "Früher war es so, dass man häufig keine Informationen bekommen hat – nun bekomme ich weiterhin keine Information, dies aber auf eine freundlichere Art und Weise. Ich empfinde die Bemühungen als sehr ernsthaft und aufrichtig, aber dennoch habe ich den Eindruck, dass noch vieles getan werden müsste."

Kritik an Gesetzeslage

Der Bericht von SOS Mitmensch übt aber nicht nur Kritik an der Behörde, sondern auch am gesetzlichen Umfeld. "Die restriktive und komplizierte österreichische Gesetzeslage stellt im internationalen Vergleich extrem hohe Anforderungen sowohl an Betroffene als auch an die Behördenverfahren. Der Anspruch einer Behörde muss jedoch sein, aus einer schwierigen Gesetzeslage das Beste zu machen und nicht Klienten zum Verzweifeln zu bringen", heißt es.

Zur Behebung der Missstände nennt SOS Mitmensch fünfzehn Forderungen, so etwa ausreichend Personal, fallbezogene Auskünfte, ein effizientes Dokumentenmanagement, ein übersichtlicher und barrierefreier Online-Auftritt sowie Anti-Diskriminierungs-Schulungen für Mitarbeiter. "Die MA 35 muss umfassend neu aufgestellt werden, um wirklich zu funktionieren", so Projektleiterin Sakurai.

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